Endlich. Wir sind am Ziel. Zumindest an dem für den heutigen Tag. Der “Colca Canyon” ist echt unglaublich, aber auch unheimlich herausfordernd. Wir sitzen gerade beide im Dunkeln mit unseren Stirnlampen. Ach ja, und einer Kerze die wir eben gebracht bekommen haben. Wir sind nämlich sehr von der Zivilisation abgeschnitten, mitten im Nirgendwo ohne Elektrizität. Aber das ist mal so angenehm. Nur mein Handy hat noch Strom zum Blogschreiben.
Jetzt aber erstmal von Anfang an.
Wir sind schon beide seit 2:00, beziehungsweise 2:30 Uhr morgens auf den Beinen und mittlerweile ist es 18:08 Uhr. Das frühe Aufstehen ist dem zu Schulde, dass der Colca Canyon von Arequipa noch gute 4 Stunden mit dem Auto entfernt ist. Wie immer wurden wir als letztes an unserem Hostel von einem Transporter aufgepickt. “Luz” unser extrem lieber femininer Guide empfing uns beide ganz herzlich. Wir sollten für unser Trekking im Colca Canyon nur zu viert sein. Also eine super Gruppengröße. Das hatten wir gar nicht erwartet. Den Transporter teilten wir jedoch noch mit anderen Agenturen, da das etwas umweltschonender ist. Nach 3 Stunden kamen wir in dem Dorf Chivay an, dass in der Nähe vom Colca Tal liegt. Bis dorthin hatte ich jedoch versucht noch ein bisschen Schlaf nachzuholen. Ganz zu Freuden meines Sitznachbarns, ein älterer weißbärtiger Mann. Da ich in den Mitte saß, hatte ich keine Fensterscheibe zum Anlehnen. Und als ich so einschlief, fand ich wohl die Schulter des Mannes sehr gemütlich. Denn als ich aufwachte, lehnte ich ganz bequem an ihm. Sehr peinlich… Er musste aber zum Glück nur schmunzeln.
Da wir alle noch nichts gefrühstückt hatten, hielten wir erstmal in Chivay zum Stärken. Hier merkte man nun schon die Unterschiede der Agenturen. Ein Junge setzte sich zum Beispiel aus Versehen an unseren Tisch der bestens gedeckt war mit Avocado, Käse, Schinken, Brot, Rührei, Fruchtsalat, frisch gepresstem Saft, Oliven, Marmelade und Butter. Der Junge wurde jedoch sofort von seinem Platz verscheucht. Er ist nämlich nicht von “Pablo Tour” wie wir und bekam somit nur ein normales Frühstück mit Brot und Marmelade. Also ab hier wussten wir schon einmal, dass wir bei der richtigen Agentur gelandet waren. Außerdem ist unser Guide nicht zu schlagen. Erstens ist er eine Frau, zweitens super offen und authentisch und drittens kompetent. Janni und ich lieben sie einfach jetzt schon.
Nach dem Frühstück starteten wir zum Aussichtspunkt “Cruz del Cóndor”, um den Flug des größten Vogels der Welt – den Kondor – zu beobachten. Relativ früh am Morgen, so um 8:45 Uhr, wenn die Sonne die Steine erwärmt, kann man am besten die Kondore in die Lüfte steigen sehen. Am Anfang konnten wir sie leider nur aus der Ferne bewundern, da sie sich nicht so nah an uns herantrauten. Aber umso wärmer es wurde, desto höher stiegen sie. Diese Vögel wirken einfache wirklich majestätisch. Der Kondor ist Repräsentant der oberen Welt und so nah über unseren Köpfen fängt man wirklich an das zu glauben. Natürlich waren unheimlich viele Menschen vor Ort, da das DIE Attraktion auf dem Weg zum Colca Canyon ist und gehört so zu jedem Trekking dazu wie das Dusch zum Das. Leider konnten wir nur 40 Minuten bleiben, da wir uns schon auf den Weg Richtung Startpunkt unseres Trekkings machen mussten. Von dem Dorf “Cabanaconde” (3.300 m) aus ging der 3 stündige Abstieg in den Canyon los. Davor durften wir uns aber noch in einem kleinen Lokal Sonnencreme aufschmieren und uns für den Trek vorbereiten. Die anderen Agenturen begannen alle bei dem Dorf “San Miguel” (3.400 m). Pablo Tours macht das jedoch nicht so, sondern steigt den Canyon von der anderen Seite herab. So werden die ganzen Touriströme vermieden.
Also uns beide graute es wirklich schon vor den nächsten beiden Tagen. Heute mussten wir erstmal 3 Stunden steil zum Flusstal absteigen, danach wieder 1 Stunde bergauf, 1 Stunde mehr oder weniger geradeaus und 1 Stunde wieder absteigen. Also ingesamt mindestes 6 Stunden bergauf und bergab laufen. Das schlimmste ist der uns erwartende vierstündige Aufstieg morgen. Naja egal wir werden das schon schaffen. Und den heutigen Tag haben wir ja auch schon gemeistert. Wie gesagt die ersten 3 Stunden und 10 Minuten widmeten wir dem Abstieg von ungefähr 1000 Höhenmetern zur Oase “Sangalle” (2100 m). Das Hinunterlaufen ging wirklich extrem auf die Knie und ich hoffte die ganze Zeit nur, dass mein linkes nicht schlapp machen würde. Die steile Strecke war ein sehr enger Zickzacklauf auf holprigen Geröll. Dementsprechend lang brauchten wir auch für den Weg nach unten in die Oase, wo da Mittagessen auf uns wartete. Die ersten paar Minuten bekamen wir Gesellschaft von “Gordon”. Der liebe Gordon war ein schwarz-brauner Hund mit einem netten Namensschild um den Hals. Er begleitete uns ein bisschen. Aber ich glaube irgendwann wurde ihm bewusst, dass er den ganzen Weg wieder nach oben laufen musste. Also verließ er uns. Wir waren darüber aber nicht allzu traurig, da er sich nicht wirklich auf die Strecke konzentrierte, sondern einfach mitten im Weg stehen blieb und wir wieder im Slalom um ihn herumlaufen mussten bis er uns wieder überholte.
Der Colca Canyon ist echt unglaublich tief und wunderschön. In Hinblick auf seine Tiefe stellt er sogar den Gran Canyon in den Schatten. Zum Glück ist gerade die Regenzeit vorbei, denn so sind die ganzen Berghänge unheimlich grün und es regnet nicht mehr. In der Mitte der Trockenzeit soll alles angeblich sehr trostlos wirken. Gegen 13:00 Uhr erreichten wir endlich die schon lang ersehnte Oase. Das deprimierende war, dass wir sie schon die ganze Zeit von oben aus gesehen haben, nur dass sie eben noch so klein war wie eine Laus. Außerdem war die ersten Stunde nach unten noch ganz amüsant, da alles ganz neu für uns war. Aber danach wurde es doch ein bisschen eintönig und monoton. Die Oase wirkte auf uns wie ein Paradies. Alles war grün mit Palmen, natürlichen Swimmingpools, niedlichen Bungalos und einer Bar. Die hatte sogar einen Fernseher. Also Strom gab es anscheinend von einem Generator. Die Oase ist einfach für total viele Touristen ausgelegt. Den dort übernachten ja fast alle Agenturen. Bis auf eben wir. Wir gehen schließlich umgekehrt das Canyon Trekking. Das ist aber auch wirklich die beste Idee die Pablo Tours haben konnte.
Wir waren absolut die einzigen auf unserem Weg. So war das Ganze viel idyllischer und angenehmer. Wir mussten nicht ständig Leute vorbeilassen oder Wettrennen veranstalten, was sonst immer stattfindet. Ach ja, und bevor ich es vergesse. Wir haben auch einen ganz speziellen Müllbeutel. Damit wir die Umwelt nicht verschmutzen hat Luz einen großen Müllsack in den wir unsere Abfälle hinein werden sollen. Der wird dann in Arequipa entsorgt. Denn die Mülleimer auf den Weg oder in den Dörfern werden nie geleert. Sehr vorbildlich.
Unsere Gruppe ist einfach nur super. Die anderen beiden die mit uns an die Grenzen ihres Körpers gehen wollten, waren ein Spanier und eine Rumänin die jedoch beide in Wien wohnen. Die waren total putzig und super trainiert. Zusammen motivierten wir uns immer wieder weiterzulaufen und lachten über dies und das.
Das Mittagessen in der Oase war nur leider so viel und lag sehr schwer im Magen, dass es umso schwerer war bei praller Sonne (bis jetzt war es angenehm bewölkt gewesen), 30 Grad und steiler Steigung fortzubewegen. Wir schafften es aber trotzdem, trafen die anderen Gruppen aus dem Transporter die in unserer Mittagessenslodge schlafen werden und erreichten irgendwann eine Abzweigung. Nun konnten wir entscheiden, ob wir lieber durch die zwei Dörfer “Cosñirgua” und “Malata” wandern wollten oder unterhalb von denen in der Natur entlang. Wir entschieden uns zum Glück für letzteres. Der Weg war richtig abenteuermässig durch den “Urwald”. Wir haben kleine Bäche überquert, Früchte gepflückt und sind Steine entlanggeklettert. Also dieser Abschnitt wirkte so ein bisschen wie das Edenparadies. Überall gab es Avocados, Feigen und andere Früchte. Obwohl dieser Weg echt total idyllisch und mal wieder keine Menschenseele in Sichtweite war, freuten wir uns auf unsere Unterkunft im Dorf “San Juan de Chucco” (2.200 m). Das Dorf verteilt sich über mehrere Berge hinweg. Es war schon ziemlich dunkel, als wir endlich unsere Unterkunft mit einem orangenen Dach erreichten. Ehrlich gesagt, ist es hier um 180% besser, als in der Oase. Unsere Hütte ist total sauber und hat sogar eine Toilette. Nur der Strom fehlt. Aber ich glaube auf den können wir ruhig auch mal verzichten. Die Unterkunft wird von einer Familie geführt und die Gastmutter ist einfach nur so lustig. Wir haben eben nach Wasser und Bananen gefragt. Zwei Minuten später kam sie damit angeflitzt und brachte sogar noch eine Kerze mit. Die sollte für romantische Stimmung sorgen. Laut der lieben Mutter fehlten jetzt nur noch die Jungs. Aber natürlich die Peruanischen. Leider sind die jedoch nicht so wirklich hübsch. Also ich muss wirklich sagen, dass die Peruaner das netteste, offenste und lustigste Volk sind, das ich bisher kennengelernt habe. Dann würde ich sagen kommen die Argentinier und Chilenen. Die Bolivianer sind eher sehr reserviert und abweisend. Das liegt wahrscheinlich daran, dass unsere Kultur einfach Meilen von ihrer, noch so schön ursprünglichen, entfernt ist.
Da wir schon so müde und erschöpft von Tag waren, fielen wir gleich nach dem Abendessen tot ins Bett. Morgen müssen wir ja auch wieder um 3:30 Uhr aufstehen. Die Aussichten sind echt sehr deprimierend.