Ostermontag. Das scheint hier irgendwie keinen zu interessieren. Jedes Geschäft hat offen und von einem Feiertag ist nichts zu spüren. Okay gut, dann sind die Chilenen wohl doch nicht so religiös wie ich immer dachte. Die offenen Läden brauchten wir aber eigentlich nicht. Wir hatten heute ein paar Must-See Museum geplant. Tja, es war nur Montag. Ruhetag der Museen. Dumm gelaufen. Wären wir doch nur heute auf diese ganzen Hügel spaziert. Das Wetter war eh viel besser. Aber egal, jetzt konnten wir es auch nicht mehr ändern. Plan B war Gebäude anzuschauen, beziehungsweise den Friedhof, denn die hatten zum Glück keine Ruhepause. Ich wollte auch unbedingt in die große Kathedrale. Deswegen haben wir uns extra beeilt. War jedoch umsonst. An dem Eingangstor sagte der Security Mann uns nur: “Lo siento. Pero hoy es el único día cuando está cerrada.” (= “Es tut mir leid. Aber heute ist der einzige Tag an dem sie geschlossen ist”). Oh man, heute klappte ja wirklich überhaupt nichts. Da wir schon am Plaza de Armas, dem Hauptplatz mit mehr als 100 Palmen waren, liefen wir ihn ein bisschen auf und ab, schauten den Künstlern bei ihren Porträtzeichnungen zu und überlegten wo wir als nächstes hinspazierten. An diesem Platz merkt man erst richtig wie bussy, hektisch und weltgewandt Santiago ist. Auf einmal landeten wir in einer Shoppingsstraße die extrem mit Leuten zugestopft war. Von dort führte uns die Nebenstraße zum “Palacio de la Moneda”. Dort sind die Büros des Präsidenten untergebracht. Das ist auch der Ort in dem Salvador Allende, der sozialistische und sehr beliebte Präsident vor der Diktatur im 20. Jahrhundert, durch die Bombardierung umgekommen ist. Ohne geführte Tour kann man das Gebäude jedoch leider nur vom begrünten Vorplatz aus betrachten. Da wir noch die Bustickets für Valparaíso und San Pedro de Atacama, unsere beiden nächsten Ziele, benötigten, holten wir die erstmal beim Busterminal. Der ist leider nicht ganz zentral gelegen. Der Taxifahrer ist einfach extra eine Schleife gefahren, damit er mehr Geld kassieren konnte. Das war echt eine Frechheit. Sollte jemand noch einmal das Bedürfnis nach einem Umweg haben, sage ich was. Mit frisch gedruckten Fahrkarten in der Tasche gings weiter zum nächsten Sightseeingpunkt dem “Mercado Central”. Yessssss, er war geöffnet! Dort gibt es gaaaaaanz viel Fisch und Meeresfrüchte. Um die Stände herum verteilen sich große und kleine Restaurants und bieten ein fischiges Mittagessen an. Nam nam nam…
Bevor wir uns aber für eins der tausend verschiedenen entscheiden konnten, überquerten wir kurz die große, sehr stark befahrene Straße, um zum gegenüberliegenden Markt “Tirso Molina” zu kommen. Dort kann man angeblich auch super leckeren und billigen Fisch essen. Aber es gab eigentlich nur Gemüse und Obst. Die paar Fischlokale die wir entdeckten, sahen schon weniger gesund aus. Wir kauften uns Erdbeeren und gingen wieder zum Mercado Central rüber. Bis wir mal eine Entscheidung gefällt haben in welches der vielen Lokal wir nun gehen sollten, war bestimmt eine weitere halbe Stunde vergangen. Schlussendlich haben wir uns ins “Tío Willy” gesetzt, dass auch im Internet empfohlen wurde. Das Essen war richtig lecker. Ich hatte Meeresfrüchte mit Parmesan. Ich bekomme jetzt schon wieder Hunger, wenn ich nur dran denke. Ganz zufrieden und mit gut gefülltem Magen machten wir uns auf zum “Cementerio General”. Das ist der Friedhof ganz im Norden der Stadt und die Gegend um ihn herum ist jetzt eher weniger ansprechend. Wir wanderten so unseren Weg entlang durch das Immigrantenviertel “Patronato” das schon sehr heruntergekommen ist. Aber je weiter wir in den Norden gekommen sind, heraus aus dem Viertel, wurde die Atmosphäre immer schlimmer. Die Häuser sahen ziemlich abgefuckt aus und die herumspazierenden Leute machten jetzt auch nicht so den vertrauenswürdigsten Eindruck. Ich war ziemlich froh, als wir schließlich im Friedhof waren. Er ist enorm groß und Ruhestätte zahlreicher chilenischer Präsidenten wie Salvador Allende. Dessen Grab haben wir auch gleich angefangen zu suchen. Wie immer sind wir erstmal in die falsche Richtung gegangen, aber ein lieber Gärtner war so hilfsbereit uns den Weg zu zeigen. Also Allendes Grab kann man auch wirklich nicht übersehen. Es wirkt sehr monströs, eigentlich wie ein Monument, aus hellem Stein und in einer Tafel sind seine letzten Worte vor dem Tod eingraviert. Manche Gräber sind extrem prunkvoll, sehen aus wie Inka Tempel oder andere Gebetshäuser indianischer Kulturen. Überall ist es total grün, beziehungsweise sind die Gräber schon fast komplett überwachsen. Apropos grün, Santiago ist mit seinen vielen Hügeln eine richtig pflanzliche Stadt. Wir versuchten auch noch das Denkmal für die, während der Militärdiktatur Verschwundenen zu entdecken, sind jedoch etwas zu häufig daran vorbeigelaufen. Als wir schon aufgeben wollten, stand es plötzlich vor uns. Ich muss jedoch ehrlich sagen, dass ich es mir ein bisschen ansehnlicher vorgestellt habe. Auf einer ziemlich langweiligen Tafel stehen tausende von Namen und vier monströse Menschenköpfe säumen den kleinen Platz davor. Durch das viele Herumlaufen im Friedhof und dem ganzen Gesuche schmerzten unsere Füße sehr. Den Weg bis ins Hotel hätten wir nicht mehr zu Fuß geschafft. Also musste wieder ein Taxi her.

Jetzt hatten wir noch ein bisschen Ruhepause, bevor wir zu unserem Abendprogramm dem Klavierkonzert von der Japanerin Akiko Ebi aufbrechen mussten. Das fand in dem sehr hübschen Theater “Teatro Municipal de Santiago”  statt. Aufgrund der billigen Karten hatten unsere Plätze auch dementsprechend klasse Sicht. Aber egal, ich musste ja sowieso nichts sehen, sondern nur hören. Und die Akustik war super im Saal, egal wo man sich befand. Ebi ist echt eine geniale und sehr begabte Klavierspielerin. Zurecht hat sie so zahlreiche internationale Preise gewonnen. Im ersten Teil spielt sie Franz Liszt und im zweiten Frederic Chopin. Ich muss sagen, dass ich die Preludien von Chopin deutlich besser fand. Ich mein jetzt nicht von der Art wie sie diese spielte, sondern von der Melodie an sich. Hinter uns saß eine Dame die die ganze Zeit schniefte. Auf einmal war sie verschwunden, sie war bestimmt auf die Suche nach einem Taschentuch gegangen. Währenddessen gab Ebi ganze drei Zugaben. Alle Zuschauer waren extrem begeistert von ihr und hörten gar nicht mehr auf zu klatschen. Das nenn ich mal ein gutes Publikum. Kaum erklangen die letzten Töne spazierte die Schniefnase wieder in den Saal. Besser spät als nie.

Da wir trotz des guten und ausgiebigen Mittagessens noch ein kleines bisschen Hunger hatten, haben wir uns in die vom Wein-Victor empfohlene Bar “Café Escondido” gesetzt, Schach gespielt und eine Käseplatte mit Dies und Das gegessen. Zum Glück war der Weg von dort nicht mehr allzu lang nach Hause, denn ich war schon seeeeehr müde.