Exkursionstag. Den Wecker um 6:00 Uhr hätte ich mal wieder totschlagen können. Ich freue mich immer total auf die Ausflüge, aber das frühe Aufstehen ist echt immer kritisch. So doof wie ich war, stellte ich den Wecker aus und nicht nur auf Schlummern. Nach ein paar gefühlten Döseminuten war es plötzlich 06:50 Uhr. In zwanzig Minuten sollten wir unten am Busterminal stehen. Na toll. Anziehen, Kontaktlinsen rein, Rucksack packen und Türeabsperren in dieser kurzen Zeit war mal wieder eine schöne Herausforderung. Wir schafften es sogar fast pünktlich, nicht jedoch ohne von einem wilden Hund gebissen zu werden. Also nicht ich, sondern Elias. Die sind hier einfach unberechenbar und greifen Fußgänger ohne Grund an. Gestern Nacht wollte ich zu dem Hostelbesitzer, weil die Klotüren abgesperrt waren. Dafür musste ich jedoch an die frische Luft und an einem Hund vorbei. Der knurrte mich aber dermaßen an, dass ich schnell zurücklief nicht aber ohne verfolgt zu werden. Schreiend sprintete ich zurück in die offene Kabine und knallte die Türe zu. Da bin ich aber gerade nochmal lebend raus gekommen. Dafür traute ich mich die Nacht nicht mehr nach draußen.

Mit einem roten Kleinbus, dem Guide Mauricio und insgesamt 17 Leuten ging’s los Richtung “Piedras Rojas” unserem Hauptziel. Zuerst fuhren wir aber “Socaire” an, um dort erstmal ausgiebig warm zu frühstücken. Auf dem Weg dorthin unterhielt uns Mauricio mehr als gut. Er erklärte uns dies und das, wies uns auf verschiedene Vulkane oder Bäume hin und suchte Tiere. Eine Erklärung war zum Beispiel die Entstehung der Atacama Wüste und der Salzwüste “Salar de Atacama”. Wie bereits im letzten Blogeintrag erwähnt, befindet sich die Atacama Wüste zwischen der “Cordillera de los Andes” und der “Cordillera de Domeyko”, der ältesten Cordillera. Die Bergketten sind so hoch, dass jegliche Niederschlagswolken vor dem “Valle Central” hängen bleiben. So bildete sich die trockenste Wüste der Welt. Das Salz der “Salar de Atacama” kommt von den Salzen und Mineralien der Vulkane welche von den Hügeln unterirdisch in das “Valle Central” gespült wurden. Das Wasser kommt an die Oberfläche, verdunstet aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung und es bleibt eine weiße Salzfläche zurück. Über Millionen von Jahren hat sich die Salzablage auf 1,4 km angehäuft. Die bekannte Salzwüste “Salar de Uyuni” ist dagegen nur wenige Meter tief. Dafür viel größer. Jedoch ist die Atacama Salzwüste die einzige, dessen Oberfläche nicht komplett weiß ist. Das liegt an dem wenigen Niederschlag, wodurch das Salz nicht herausgewaschen wird. Dort wo es doch einen weißen Fleck gibt, ist ein See vorhanden der unterirdisch von Wasser gespeist wird. Lithium ist heute eines der wichtigsten Mineralien das aus der Atacama Salzwüste extrahiert wird. Von hier werden 70% des Lithiumweltverbauchs exportiert, also extrem viel. Das Salz lohnt sich nicht zu extrahieren, da der Prozess für das Ergebnis zu aufwendig wäre. Es sind einfach zu viele andere Materialen mit dem Salz vermischt. Übrigens das Salar de Atacama ist ganze 100 km lang und an der breitesten Stelle 60 km breit.

Nach einer Weile passierten wir den “Tambillo” Sektor. Hier haben die indigenen Dörfer der Atacameños, beziehungsweise Likan Antai Bäume gepflanzt die dafür sorgen das mehr Luftfeuchtigkeit herrscht und somit dieser Sektor relativ grün ist. Kaum waren die Baumreihen verschwunden, änderte sich die Umgebung in eine klassische Wüstenlandschaft ohne Leben. In der Atacama Wüste gibt es in manchen Teilen eine Luftfeuchtigkeit von 0%. Das heißt dort lebt weder ein Mikroorganismus noch etwas anderes.

Nach ungefähr 50 km passierten wir Toconao, wir waren hier übrigens auf ungefähr 2500 m. Dort wollten wir zuerst übernachten, anstatt von San Pedro de Atacama, weil es einfach weniger touristisiert ist. Dafür hätten wir aber jeden Tag nach San Pedro reinfahren müssen, um die ganze Aktivitäten zu machen. Das Geld wollen wir uns dann doch lieber sparen. “Toconao” bedeutet “die Stadt der Steine”, da ursprünglich alle Häuser aus Liparita, ein Stein mit vulkanischem Ursprung, gebaut wurde. Heute wird jedoch nur noch Beton verwendet. Toconao ist die grünste Stadt in der Atacama Wüste. Das liegt daran, dass sie an einem Canyon liegt, in dem alles wächst: Gemüse, Früchte (Papaya) und weitere Agrarprodukte. In Toconao wächst auch der einzige Eukalyptus in der ganzen Wüste. So ein Baum ist extrem untypisch an so einer Stelle, da er extrem viel Wasser benötigt.

Kurz vor dem Dorf Socaire düsten wir rechts am Vulkan “Lascar” vorbei. “Lascar” bedeutet “Feuerzunge” und ist einer der vielen aktiven Vulkane der umliegenden Gegend. Morgens sieht man Rauch aus seinem Krater hochsteigen. Da sich die Gesteine in der Morgenkälte zusammenziehen, können die Gase austreten und es entsteht Rauch. Sobald jedoch die Sonne den Himmel hinaufklettert und die Steine erwärmt, dehnen die sich wieder aus und keine Gase kommen mehr an die frische Luft. Nach den Geschichten der Atacameños, beziehungsweise Likan Antai ist Lascar der Chef aller Vulkane. Seine beiden Söhne “Toco” und “Chajnantor” liegen ein paar Kilometer weiter weg. “Chajnantor” bedeutet “der ohne Kopf”, denn ihm fehlt die Spitze. Die wurde ihm von seinem dritten Bruder “Quimal” abgehackt. Deswegen wurde dieser von Lascar auf die andere Seite der Salzwüste versetzt. Nun ist ein Platz frei neben den beiden Brüder und nur an einem einzigen Tag im Winter treffen die Schatten der beiden Brüder auf “Quilmat”. Das ist die einzige Gelegenheit an der sich die drei Brüder wieder direkt begegnen. So jetzt aber genug von der Geschichtenerzählerei. In Socaire, auf 3500 m, erwarteten uns erstmal viele Rühreier, Semmeln, Marmelade, Butter, Tee und Kaffee. Hier hielten wohl alle Touren die Richtung Süden fuhren. Das “Lokal” war zu gestellt mit länglichen Tischen. Trotzdem war das Essen unerwartet lecker. Von Mauricio bekamen wir auch Cocablätter zum Kauen, Chachacoma geht anscheinend auch, damit unser Blut besser im Körper zirkuliert wird und die Höhe so besser vertragen. Es hieß, dass wir die Blätter nicht wirklich zerkauen, sondern einfach nur die Alcaide raussaugen sollten. Tja, ich schaffte es mal wieder sie komplett zu zerkleinern und sah dann aus wie ein grünes Monster. Coca ist übrigens einfach nur bitter und schlägt sich mal wieder wie der Mate-Tee auf den Magen. Ich habe nichts von ihrer Wirkung gestürzt, was vielleicht aber auch daran liegt, dass ich generell gut mit Höhen klarkomme. Nach dieser ausgezeichneten Stärkung ging’s weiter zu unserem ersten Stopp der “Laguna Miscanti” und “Laguna Miñiques”. Ab Socaire in der höheren Höhe wuchs auf einmal wieder Vegetation und die Landschaft wurde wieder hügelig. Außerdem entdeckten wir kleine süße Füchse und “Vicuñas”, rehartige Tiere. Sie sind die einzigen, die das Gras “Brave Straw” auf dieser Höhe essen, weswegen man sofort weiß, dass vor einem eine Vicuña steht, sollte man eine entdecken.

Die beiden Lagunen befinden sich im “Reserva Nacional los Flamencos” und sind 110 km von San Pedro de Atacama entfernt. Es ist ein Naturschutzgebiet aufgrund der 64 Vogelarten die dort teilweise wohnen, wenn sie nicht gerade von Alaska aus nach Patagonien oder zurück weiterfliegen. Der eigentliche Grund ist aber der aussterbegefährdete Vogel “Tagua Cornuda” der eine Art Horn auf der Nase hat. Wir haben aber leider keinen gesehen. Früher waren beide Lagunen eine. Jedoch aufgrund der Eruption des Vulkans “Miñiques”, der zur Seite hin ausgebrochen ist (wie alle Vulkane in den Anden, die Lavakammer liegt zu tief, um durch den Krater auszubrechen) blockierten lose Gesteinsbrocken den Waserdurchlauf und teilten die Lagune in zwei. Sie sind jedoch unterirdisch mit dem gleichen Wasser verbunden und somit immer noch vom gleichen Blut. Übrigens war der Miñiques Vulkan fast genauso groß wie der Mount Everest. Natürlich ist das Millionen von Jahre her. Also die Lagunen sind einfach nur extrem beeindruckend. Vor allem die erste die “Laguna Miscanti”. Da sie nur 5-7 m tief ist, friert sie sowohl im Sommer als auch im Winter zu. Hier hat es nämlich auch im Hochsommer bis zu -10 Grad. Die “Laguna Miñiques” ist dagegen 10-20 m tief und friert deswegen eher schwieriger zu. Bei dieser Landschaft glaubt man echt nicht, das sie real ist. Die umliegenden Berge spiegeln sich malerisch in der Wasseroberfläche und der blaue Himmel dazu macht die ganze Traumlandschaften noch ein Stückchen unwirklicher. Wir liefen ein bisschen an den beiden Lagunen entlang, machten hunderttausend Fotos und stiegen wieder in den Kleinbus zurück, um weiter zum Höhepunkt den Piedras Rojas zu fahren.

Die Piedras Rojas sind an sich gar nicht so spektakulär, das sind nur rote bodenflache Steine, sondern mehr das “Salar de Talar”, welches direkt bei den roten Steinen liegt. Salar de Talar (s.h Bild) ist wie das Salar de Atacama eine Salzwüste. Auch hier spiegelten sich wie bei den beiden Lagunas die umliegenden Berge im Wasser. Dieser Ort sah jedoch von den Farben wieder komplett anders als die beiden Lagunen davor aus. Das lag wohl vor allem an den roten Steinen die die Farben der Kulisse ein bisschen veränderten. Wir hatten so 45 Minuten Zeit um uns umzuschauen, auf und ab zu laufen und Fotos zu machen. Man muss nur unheimlich mit den Entfernungen aufpassen. Denn was nur wie wenige Meter aussieht sind Kilometer. Hier waren wir übrigens am höchsten Punkt des Tages, auf 4300 m. Mal wieder, wie fast immer bisher in Chile, hatten wir geniales Wetter. Normalerweise herrschen an den Piedras Rojas extrem starke Winde und machen das Fotografieren dieser unglaublichen Landschaft fast unmöglich. Jedoch war heute keine einzige Windbrise zu spüren. Plus Punkt war natürlich, dass wir relativ früh am Salar de Talar angekommen waren, um diese Uhrzeit ist es generell eher windstill im Gegensatz zum Nachmittag. Aber das ist eben nicht immer der Fall.

Nach diesen drei coolen Naturwundern sind wir wieder zurück nach Socaire zum Mittagessen. Es gab voll viel Auswahl und es war wieder richtig lecker. Ich hatte zuerst Gemüsesuppe und dann Hähnchencurry mit Reis und Salat. Wieder mit mehr Energie, es ist ja nicht so als ob wir nicht schon den ganzen Tag Snacks vor uns heressen würden, ging es zum letzten Punkt unseres Ausflugs, zum “Sector Soncor Laguna Chaxa”. Soncor ist ein See- und Sumpfgebiet im westlichen Sektor vom Salar de Atacamar. Auch dieser Ort wird vom “Reserva Nacional Los Flamencos” geschützt. Das Highlight an diesem Ort ist jedoch nicht die Salzwüste, sondern die drei Flamingoarten die dort leben. Ich habe so lange nicht daran geglaubt, dass wir wirklich Flamingos hautnah erleben werden, bis ich sie nicht mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Denn am Ende ist es wieder so wie mit den Pinguinen: sie migrieren und schwups die wups sehen wie nur Salz. Aber nein sie waren tatsächlich da. Sogar alle drei Arten: Parina grande oder Flamenco andino (schwarzer Schwanz), Flamenco chileno und Parina chica oder Flamenco de James. Der Flamenco de James ist nur extrem selten aufzufinden, weswegen wir richtig Glück hatten ihn anzutreffen. Was ich davor noch nicht wusste ist, warum die Flamingos auf einem Bein schlafen oder warum manchmal eins länger als das andere ist. Das freie oder längere Bein nehmen sie dazu her, um sich am nächsten Morgen aus dem Schlammboden zu befreien. Was man nicht immer alles so nettes dazu lernt. Nachdem alle Touribusse um die Ecke verschwunden waren, wurde es richtig leise im Sektor Soncor und ich konnte in aller Ruhe diese wunderschönen Tiere beobachten.

Das war es auch leider schon mit unserem Tagestrip. Auf dem Rückweg nach San Pedro de Atacama fuhren wir noch am “Proyecto ALMA” vorbei das größte astronomische Projekt weltweit.
Um das jedoch zu besichtigen muss man sich Monate vorher anmelden. Oder man versucht sein Glück jeden Samstag, beziehungsweise Sonntag um 9:00 Uhr am Busterminal. Dort beginnt die Tour und oft erscheinen einfach die Leute nicht, aufgrund von Reise- oder Privatenproblemen. Wir haben aber leider nicht genug Zeit dafür, beziehungsweise bevorzugen andere Aktivitäten.

Zurück im Zentrum, es war mittlerweile 18:30 Uhr, machten wir uns gleich daran eine gute Agentur für die nächsten beiden Tage zu finden. Wir haben nämlich noch viel vor und es gibt hier einfach so unfassbar viele Agenturen. Keine Ahnung für welche man sich da entscheiden soll. Wahrscheinlich ist keine unheimlich schlecht, aber bestimmt gibt es etwas bessere und etwa weniger gute. Nach 2 Stunden und 15 verschiedene Anbietern entschieden wir uns für zwei in meinem Reiseführer Lonlyplanet empfohlene Agenturen: Cosmo-Andino für das “Valle de la Luna” und “Valle del Martes”, Grado 10 (eine etwas fanciere Agentur) für die “Geysers del Tatio” und Apacheta fürs Sternegucken am besten Ort der Welt. Hoffentlich bringe wir die ganzen Touren mit ihren Uhrzeiten nicht durcheinander.

 

PS: Es tut mir leid für die späten Uploads, aber ich hatte die letzten Tage kein Internet. Also kommt jetzt alles auf einmal.