Leider war heute nicht so viel mit ausschlafen. Nicht, weil die Ostermesse so früh begann, sondern da unser Programm anderweitig schon um 9:30 weiter ging. Eine Weinprobe bei Concha y Toro stand heute ganz oben auf unserer Liste. Die hatte ich Elias zum Geburtstag geschenkt. Mir fällt gerade auf, dass wir hier irgendwie alle Geschenke einlösen. Chile ist ja das Land für Weinproduktion. Vor allem eben auch die Gegend um Santiago herum. Dort endet nämlich die Wüste, weswegen das Klima sehr trocken ist. Das kommt dem Rebenwuchs nur zu Gute. Die bekommen nur 1 l Wasser pro Monat, wodurch sie später bei der Verarbeitung mehr Fruchtzucker abgeben. Also hier gilt: je trockener das Gewächs, desto besser der Wein. Wir wurden von einem Guide namens Victor von Sousastour am Hotel abgeholt und zu der Bodega gefahren. Victor war einfach nur super, er stand pünktlich vor der Tür, ich hatte schon gestern Nacht Panik bekommen, ob die Tour überhaupt stattfinden würde, da ja Ostersonntag ist und so vielleicht mal wieder alles geschlossen hat; war lustig drauf und organisierte alles perfekt. Concha y Toro ist der vierte größte Weinexporteur der Welt und dementsprechend wichtig für die Wirtschaft Chiles. Ihr kennt vielleicht den beliebten Rotwein “Castillero del Diablo”. Der ist von diesem Weinproduzenten. Auf dem Weg dorthin unterhielt uns Victor prächtig. Er erzählte uns wie viele Probleme die Chilenen mit denen sich immer als besser fühlenden Argentiniern hätten. Ich war ganz überrascht, denn in Argentinien kam das überhaupt nicht so rüber. Die Brasilianer hatten in der Vergangenheit auch ein bisschen Stress mit den angeblich überheblichen Argentiniern. Diese Unstimmigkeiten haben sie aber über Fußball vom Tisch gekehrt. Chile schafft das leider so nicht mit ihrem semipassablen Team. Komischerweise hat Victor eine Argentinierinn als Frau. Also das geht dann anscheinend wieder…
Die Bodega war einfach nur riesig. Während Victor unsere reservierten Eintrittstickets besorgte schauten wir uns ein bisschen auf dem großen Parkplatz und den vielen Gewächsen um. Da wir noch ein wenig Zeit hatten bis unsere Weinprobe beginnen sollte, Start war um 11:00 Uhr, ging’s ab in den Souvenir-, beziehungsweise Weinladen, um uns ein bisschen die Zeit zu vertreiben. Trotz Shoppingtrip hatten wir immer noch einige Minuten übrig. In diesen beobachte dich ein bisschen die anderen Leute die sich auf der Bodega herumtrieben. Mir fiel auf das die Besucher entweder ein gelben Aufkleber (so wie wir) oder orangene Armbänder trugen. Die mit den orangenen Armbändern kamen in Scharen um die Ecke gebogen alle mit gleichfarbigen Tüten in der Hand. Da war wohl ein Give-Away drinnen. Victor erklärte uns, dass die mit den orangenen Bändern nur zwei Weine probieren würden, beziehungsweise sich hauptsächlich die Bodega anschauten.
Endlich waren wir an der Reihe. Da wir eine englischsprachige Tour hatten, mussten wir die Weinprobe mit nicht allzu vielen anderen Leuten teilen (die meisten waren Südamerikaner). So waren wir insgesamt vier Pärchen. Als wir den Degustationsraum betraten, waren dort acht Käseplatten (für jeden eine) mit jeweils vier verschiedenen Weinen angerichtet. Es waren zwei weiße und zwei rote. Der Sommelier steckte in einem viel zu großen Anzug und machte einen etwas überforderten Eindruck. Aber egal, er wusste auf jeden viel über die ausgesuchten Weine und ich genoss die leckere Käseplatte vor mir. Die verschiedenen Käsesorten (passend zum jeweiligen Wein) wurden mal wieder aus Europa importiert. Ich frage mich, warum die Chilenen einfach keinen eigenen gescheiten Käse produzieren. Überraschenderweise fand ich die beiden Rotweine gar nicht so grausam. Sie waren relativ mild und hatten nicht so einen intensiven Nachgeschmack. Also genau richtig für mich. Nachdem wir schon ein bisschen angeheitert waren, zumindest ich war das, ging’s an die frische Luft zur Tour in der Bodega. Eine nette Dame führte uns auf dem riesigen Grundstück herum, erklärte uns dies und das und zeigt uns die Reben die nur für alle Gäste zum Schnabulieren da sind. Das heißt sie ernten nicht die Trauben, sondern lassen sie schön für Traubenliebhaber wie mich übrig. Aber leider musste ich das Paradies schon nach wenigen Minuten verlassen. Es fiel mir echt schwer mich von meinen besten Freunden zu trennen. Aber die nächste Degustation wartete schon auf uns. Ich war erst mal total überfordert, denn ich dachte die vier Weine wären alles gewesen. Das war aber anscheinend nicht so ganz der Fall. Zum Glück gab es wieder einen Weißwein. Und diesmal durften wir unser Glas, so wie all die anderen Touris, behalten. Nun schauen wir noch zwei Weinkeller an. Der erste war nichts wirklich besonderes, aber in dem zweiten fand erstmal eine Show für uns statt. Uns wurde die Legende zu dem bereits oben erwähnten Wein “Castillero del Diablo”, mithilfe einer Lichtershow im dunklen Keller und Lautsprechern, erzählt. Das Ganze war vielleicht mal wieder ein bisschen übertrieben, aber trotzdem sehr amüsant. Danach durften wir zwei weitere Weine probieren, diesmal wieder rot. Die habe ich aber beide größtenteils weggekippt, denn ich konnte beim besten Willen keinen Wein mehr trinken, schon gar nicht rot. Danach war unsere Tour leider schon vorbei. Aber wir fanden sie richtig genial. Es war einfach nur so entspannt, wir mussten uns um nichts kümmern, sondern schwammen einfach nur mit. Victor wartete schon im Auto, um uns wieder zu unserem Hotel zurückzubringen.
Da es erst früher Nachmittag war, beschlossen wir noch zu den beiden ikonischen Hügeln Santiagos zu spazieren. Morgen sollte das Wetter schlechter werden, da mussten wir doch gleich die niederschlagsfreie Zeit nutzen. Unser erster Stopp war der “Cerro Santa Lucía”. Der ist total nah an unserem Hotel und super leicht zu besteigen. Rundherum picknickten viele Leute, lasen Bücher oder genossen einfach nur die Aussicht. An der Spitze hat man einen genialen Blick über Teile Santiagos. Jedoch kann man nicht über die ganze Stadt blicken, sondern nur zwischen Häuserreihen, denn dafür ist man nicht hoch genug. Deswegen ging’s gleich danach in Richtung “Cerro San Cristóbal”. Von dort oben hat man die beste Aussicht über Santiago. Der Park, beziehungsweise Berg hat 722 Hektar und ist der größte grüne Platz in der Stadt. Auf dem Weg dorthin sind wir noch durch das Barrio Bellavista spaziert, das Bohème-Viertel mit unzähligen Bars und dem klasse Innenhof “Patio Bellavista”. Vor dem kleinen Berg mussten wir jedoch erst mal 100.000 Jahre anstehen. Denn wenn man nicht erst 8 km nach oben laufen will, muss man sich Tickets für die Seilbahn (Funicular) kaufen. An Ostern war natürlich mal wieder besonders viel los. Jeder Chilene oder Nichtchilene fährt mit seiner Familie nach oben, um dort die geniale Aussicht zu genießen. Vor allem, wie wir eben am Nachmittag, da dort der Sonnenstand einfach am schönsten ist. Ich muss wirklich sagen, dass sich das lange Warten lohnt. Von oben kann man ganz Santiago überblicken, beziehungsweise man versucht es. Die Stadt hat nämlich ganze 7 Millionen Einwohner. Da der Himmel zum Glück nicht allzu bewölkt war, konnten wir sogar die Anden im Hintergrund hervorblitzen sehen. Ich entdeckte ein Plakat auf dem stand, dass dort heute Mittag sogar ein Gottesdienst statt gefunden hatte. Das nenn ich mal einen sehr idyllischen Ort.
Wieder unten setzen wir uns ganz erschöpft in ein Café in dem schönen Patio Bellavista und wanderten danach direkt weiter ins Restaurant. Also entspannter geht es eigentlich nicht mehr. Auf dem Rückweg nach Hause liefen wie an einem Ticket Office vorbei die Eintrittskarten für ein Klavierkonzert morgen Abend verkauften. Aus reinem Interesse fragte ich mal nach den Kosten und konnte nicht fassen als eine Dame meinte es wären noch Karten für 2000 Pesos pro Person übrig. Das sind zusammen nicht mal 6€. Wir kaufen die Tickets. Bei diesem Preis konnte man echt nichts falsch machen. Angeblich soll es auch eine sehr renommierte Pianistin, was ich bei dem Preis kaum glauben kann. Aber wir werden es ja morgen sehen, beziehungsweise hören.