Regen, Regen, nichts als Regen. So wird das aber nichts mit dem Reiten um 9:15 Uhr. Zum Glück habe ich die Handynummer von dem Reitertypen. So konnte ich ihn wenigstens fragen, ob es möglich wäre  vielleicht ein bisschen später loszufahren. Denn Reiten bei Regen macht jetzt nicht so viel Spaß und mit der Erkältung schon dreimal nicht. Er war Gott sei Dank genau der gleichen Meinung, so dass wir dann 11:00 Uhr angepeilt haben. Also konnten wir erstmal in Ruhe frühstücken. Das war auch mal wieder ein Erlebnis. Gestern Abend wurde in der angrenzenden Bar, die ebenfalls dem Hostería Besitzer gehört, eine kleine Party veranstaltet. Tja, und die Nachwirkungen konnte man heute morgen prima beobachten. Ganz verkatert saßen beide Frühstücksverantwortliche auf Hockern und waren erstmal total mit der Welt überfordert. Dass jetzt Leute zum Frühstücken runter kamen, damit hatten sie ja gar nicht gerechnet. Überall stand noch das Geschirr vom vergangenen Abend herum und die Tische waren auch noch nicht wirklich gesäubert. Aber wen kümmert das schon, dann wird das eben jetzt gemacht. Also setzten wir uns erst mal hin und warteten. Nach und nach wurde unser Tisch wieder auf Vordermann gebracht und Tee gebracht. Dann sahen wir wie einer der beiden erst mal Geld aus der Kasse zog, um schnell Semmeln einzukaufen. In der Zeit bekamen wir schonmal einen Teller hingestellt, an Besteck wurde erst gar nicht gedacht, zwei Scheiben Käse beziehungsweise Schinken gab es auch noch und wir wurden sogar gefragt, ob wir Rührei möchten. Das war ja schon fast luxuriös. So etwas war ich ja gar nicht mehr gewohnt. Butter oder Marmelade werden ja total überbewertet, also nein das lässt man gleich mal weg. Irgendwann kam auch das Brot in der Stube an und der Tee wanderte zum nächsten Tisch weiter, der ebenfalls sein Frühstück wollte. Also alles in allem eine sehr amüsante Sache.

Neu gestärkt und eingepackt mit Fließjacke, Regenjacke und weiteren Sportutensilien, Handschuhe, Buffytuch und Turnschuhen ging’s dann mit dem roten Pickup des Organisationsmensch von “Carpintero Negro Aventuras” zu der Farm, wo es Pferde zum Reiten geben sollte. Also man darf sich das auf keinen Fall wie eine Agentur vorstellen oder so. Das ist eher ein Typ der kennt einen anderen Typen mit Pferden und so machen die ihr Geschäft. Als wir nach so 1/4 Stunde im “Valle del Noroeste” ankamen, wurden wir von fünf Hunden ganz freundlich begrüßt. Hier war’s absolut wie in einem Film. Eigentlich war es wie bei Heidi. Das Farmhäuschen stand in eine Ecke, in der anderen war eine Hütte mit einer Feuerstelle und in der letzten eine Art Geräteschuppen für Sattel, Zaumzeug und weitere Pferdeutensilien. Natürlich waren die Pferde noch nicht vorbereitet. Die mussten wir erstmal auf der Koppel einfangen. Das war aber ganz einfach. Die zierten sich überhaupt nicht, sondern ließen sich sofort von der Koppel wegführen. Trotzdem brauchten wir für das Ganze 30 Minuten, weil wir erst zu der Koppel laufen mussten wo die reitbaren Pferde waren. Insgesamt besitzt der Hof 7 Stück. Außer von Reitausflügen lebt der Besitzer und seine Familie von Feldarbeit, beziehungsweise Gemüse- und Obstanbau. Auf dem Hof lebt der Typ der mit uns ausreitet, seine beiden Eltern und noch ein Aushilfsjunge. Eine Frau hat er nicht. So wie sein Nachbar von dem er mir später erzählte. Der wohnt ein bisschen weiter oben in den Cordilleras und lebt dort mutterseelenallein. Das muss man auch mögen. Vor allem der ist erst Mitte 40, da hat man ja noch das ganze Leben vor sich. Also mein Pferd war ja das coolste. Es war schwarz, extrem ruhig und hieß “Pabita”. Elias Pferd war so genau das Gegenteil: braun, aktiv und hieß “Guapa”. Nachdem irgendwann alle Pferde gesattelt und gezäumt waren, ging’s nach einer kleinen Einführung zu den Reiterbasics endlich los. Ach ja stop, bevor ich es vergesse, wir bekamen noch Beinwarmhalter aus Schafsfell angezogen, damit wir in der Kälte nicht abfrieren. Unser Guide hatte das natürlich auch an. Das sah schon sehr komisch aus, aber Hauptsache es hielt warm. Und das tat es wirklich. Unser Ziel war “Piedra del Aguila”. Das ist ein Stein fast am Gipfel der Cordilleras. Von dort oben hat man einen gigantischen Blick über das Tal, beziehungsweise die Anden. Dafür überquerten wir aber erstmal zwei kleine Flüsse, gingen gemächlich durch einen Nadelwald und schließlich den Rest des Weges ganz steil nach oben auf Geröll. Ein Glück, dass wir das nicht zu Fuß gehen mussten. Dafür wäre meine Motivation schon sehr gering gewesen. Generell waren die Pferde total brav und sind ihren Weg nach oben getrottet. Ich unterhielt mich mit unserem Guide, beziehungsweise war fasziniert von der wunderschönen Landschaft. Also hier fühlte ich mich zu 180 % in die Bücher von Karl May versetzt. So wie wir auf unseren Pferden saßen, den Sattel und das Zaumzeug selbst aus Kuhhäuten gemacht und unserem wild aussehenden Guide mit Cowboy-Hut. Umso höher wir aufstiegen, desto besser wurde das Wetter. Nur leider lies die Kälte nicht nach. Als wir nach so 2 1/2 Stunden oben angekommen waren,  banden wir die Tiere an einen Zaun. Denn die letzten Meter legten wir zu Fuß zurück. Der Pfad war so schmal und steil, dass dort definitiv kein einziges Pferd hochgekommen wäre. Nun kam wieder der vorher erwähnte Nachbar ins Spiel. Dem gehört nämlich dieser Stein zu dem wir wollten und so öffnete er uns das Tor. Das war vielleicht ein komischer Kauz. Er sagte nicht viel, sondern schloss nur das Tor auf und ging wieder in sein Haus zurück. Als wir endlich ganz ganz ganz ganz ganz ganz oben angekommen waren, konnte ich erstmal meinen Augen kaum trauen. Vor uns lag fast die ganze Welt. Okay, dass ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ich war echt total perplext von der Schönheit der Natur und dem vor uns liegenden Tal. Unser Guide erklärte mir was welcher Fluss oder See war,  wie die anderen drei Nachbarn hießen und erzählte mir dies und das. Nachdem wir uns beide satt gesehen hatten, machten wir uns wieder an den Abstieg. Als wir wieder auf unseren Pferdchen saßen, redeten die beiden Herren erstmal noch ein Weilchen, also der Guide und der komische Kauz. Die Zeit nutze ich, um mir einen roten Apfel vom Baum zu klauen. Mit Pferd war ich zum Glück groß genug. Ganz brüderlich und schwesterlich teilte ich meine tolle Errungenschaft mit meiner Pabita. Das hatte sie sich auch ernsthaft verdient. Dann machten wir uns auch schon wieder auf den Rückweg. Obwohl es die gleiche Strecke war wieder Hinweg wurde es nicht langweilig, da man nun die ganze Landschaft von oben betrachten konnte und nicht nur den Berg vor sich sah den wir erklimmen mussten. Eine geniale Sache beim Reiten ist, dass man nicht das gleiche Problem wie im Auto hat, wo man immer auf der falschen Fensterseite sitzt. Auf dem Pferd kann man sich einfach nach links und rechts drehen und sieht alles super perfekt. Die Gegend um Futaleufú ist nicht nur ein Rafting-, sondern auch ein Reiterparadies. Wenn meine Füße nicht so nass und kalt vom durch den Matschlaufen gewesen wären, hätte ich noch den ganzen Tag weiter reiten können. Vier Stunden später, zurück am Ausgangspunkt, wartete schon der nette Organisationstyp auf uns. Ich hätte schwören können, dass wir erst mal 1 Stunde lang hätten warten müssen. Aber nein, der hatte sich anscheinend per Telefon mit unserem Guide auseinandergesetzt. Das nenn ich mal eine gute Organisation. Wir bekamen sogar noch frischen Apfelsaft in der Feuerhütte zum Probieren. Der hieß aber nur Apfelsaft, denn er war schon ein Jahr alt und somit halber Wein. Aber er schmeckte richtig lecker. Zuerst dachte ich davon wird man total betrunken, aber irgendwie hab ich selbst nach einem Glas nichts gespürt. Also prima Ballerina. Die Feuerhütte war einfach nur der hamma, überall hingen Schafsfelle zum Trocknen herum, die dann für neue Beinwärmer genutzt werden, sobald sie ausgetrocknet sind. So richtig urig war es auf diesem Hof. Nicht so blödes Turizeug. Zurück im Auto gab es sogar noch heißen Tee und Schokokekse für uns. Die waren schon den ganzen Trip lang in dem Rucksack den uns der Organisationstyp mitgegeben hatte. Die hatten wir nur nicht entdeckt. Naja, so konnten wir das Ganze jetzt im warmen Auto genießen.