Oh nein, heute werden wir unsere geliebte Heimatstraße die Carretera Austral verlassen. Denn wir haben beschlossen, um den See “Lago General Carrera” herumzugurken. Am Freitag Abend müssen wir wieder in Coyhaique sein, um am Samstag unser Auto bei Europcar abzugeben. Coyhaique liegt ja wieder etwas nördlicher. Dadurch, dass wir um den See herumfahren, sehen wir eine neue Strecke und nicht wieder die gleiche, als wenn wir alles zurückfahren würden. Außerdem können wir so meinem schönen, alten Argentinien hallo sagen. Dem gehört nämlich die andere Hälfte des Sees. Unser heutiges Ziel ist “Chile Chico”. Das liegt sehr sehr nah an der chilenisch-argentinischen Grenze. Von dort in Reichweite liegt das wunderschöne Naturreservat “Lago Jeinimeni”. Jedoch ein viel wichtiger Punkt ist, dass es dort eine Bank gibt. Wir haben nämlich kein Bargeld mehr. Eine sehr kritische Angelegenheit. Nach dem Frühstück am Bett starteten wir das Auto in Richtung Puerto Guadal. Dort mussten wir nämlich wieder vorbei. Wir passierten auch den gestrigen Spazierweg des Bauern. Ab dort wurde die Umrundung richtig schön. Die Straße schlängelte sich am Wasser entlang durch Felsspalten, teilweise mit bestem Ausblick auf den See. Der wirkt eigentlich wie ein Meer. Wir konnten so weit schauen, dass wir uns oft ein Ende gar nicht vorstellen konnten. Zwischendurch glaubte ich in der Antarktis zu sein. Nicht nur wegen des Polarwetters hier, sondern aufgrund der Gesteinsformationen und der Farbe des Wassers. Kurz vor unserem Ziel tauchte die “Laguna Verde” auf. Das ist eine Art Inselgruppe die türkisblaues Wasser einrahmt. Die Formation sah echt schön aus. Wie ein Ort für Meerjungfrauen. Direkt daneben wird jedoch Mineralienabbau betrieben. Wenn das mal nicht das schöne klare Wasser verschmutzt.

Jetzt fehlten uns nur noch wenige Kilometer. Bevor wir nach Chile Chico einfuhren, entdeckten wir einen Aussichtspunkt. Von dort oben konnte man das ganze Dorf überblicken und den See gleich mit dazu. Natürlich letzteres nicht komplett, aufgrund der Größe. Chico Chile ist etwas größer als unsere letzten Haltestopps, aber wie immer quadratisch praktisch gut. Von oben erinnerte es mich ein bisschen an eine Playmobilstadt: alles schön an Ort und Stelle, bunt, kräftige Farben und sehr übersichtlich. In der Stadt selber suchten wir zuerst eine Touristeninformation auf, um uns nach guten Aktivitäten für den Nachmittag zu erkunden. Ich wusste, dass es ja dieses von Chilenen hochgepriesene Naturreservat gibt. Aber das ist 60 km von dem Dorf entfernt und ich war mir da nicht so sicher, ob sich das Ganze dann noch für den Nachmittag lohnen würde. Im besagten Office fanden wir eine sehr kompetente Dame vor. Sie erzählte uns von Flamingos die zu dieser Jahreszeit nicht an dem von ihr genannten Ort existieren und als Alternative für den Park schlug sie uns den Mirador über das Dorf vor, den wir schon am Anfang abgehakt hatten, beziehungsweise einen Spaziergang an der Promenade entlang. Das ganze Programm hätten wir ja in 5 Minuten abgelaufen. Also ging’s doch in die Natur. Wir besorgten uns noch schnell einen Plan von dem Park und machten uns auf den Weg. Ach nein, davor suchten wir noch ein Hostel für die Nacht. Das stellte sich schwieriger heraus als gedacht. Wir fanden zwar eins direkt an der Hauptstraße namens “Hostel Victoria”, aber die wollten 40.000 Peso für ein Doppelzimmer das einen ziemlich dreckigen Eindruck auf mich machte. Deswegen fuhren wir lieber noch mal in dem Dorf herum. Nur leider hatte irgendwie alles geschlossen. Also blieb uns wohl oder übel nichts anderes übrig, als in dem schmutzigen Hostel einzukehren. Dann gings noch kurz zur Bank, eine essenzielle Sache und ab in Richtung Naturreservat.

Ich konnte es nicht glauben. Kaum hatten wir das Dörfchen verlassen, erwartete uns eine Wüstenlandschaft. Zusammen mit der strahlenden Sonne wirkte es, als ob es 30-40 Grad hätte. Aber kaum kurbelte ich das Fenster hinunter wehte mir ein eiskalter Wind entgegen. Nach ein paar sandigen Minuten tauchten auf einmal wieder Bäume mit bunten Blättern auf. Als wir dann endlich am Ziel waren, mussten wir leider feststellen, dass der Park nur noch eine Stunde geöffnet hatte, also bis um 17:00. Naja egal, besser als nur in dieser etwas hässlichen Stadt herumzuhängen. Der Parkwärter war total lieb. Er meckerte überhaupt nicht rum, dass wir zu dieser späten Uhrzeit noch das Reservat beteten wollten und zeigte uns sogar noch einen kurzen Weg zu einem Aussichtspunkt der nur 45 Minuten dauern würde. Das sollten wir zeitlich hinbekommen. Nach dem Zahlen des Eintritts fuhren wir schnell durch die Schranke bis hin zum Campingort 6 wo der Weg “Escorial del Silencio” begann. Der Park ist echt ein Traum. Schade, dass wir nur den heutigen Nachmittag dort hatten. Nächstes Mal muss ich definitiv mehr Zeit mitbringen und dort Campen. Denn eine Familie war vor Ort die dort ihre Zelte aufgeschlagen hatte. Das war bestimmt sehr gemütlich.vor allem da das Reservat noch nicht so sehr von den Touris entdeckt wurde. So war es dort ganz leise und erinnerte mich an die Einsamkeit in Kanada. Mich hätte es nicht gewundert, wenn ein Bär um die Ecke gebogen wäre. Der Weg zum Mirador 1 war echt kurz, aber wir hatten eine sehr schöne Sicht über den “Lago Verde”. Es hätte weiter oben noch einen weiteren Mirador gegeben, aber wir dachten das schaffen wir zeitlich nicht mehr, denn es war schon kurz vor fünf. Also machten wir uns wieder an den Abstieg und fuhren wieder aus dem Park hinaus. Ehrlich gesagt, hätten wir aber ruhig noch bis ganz nach oben laufen können. Der Wärter war überhaupt nicht mehr da und hatte für uns extra die Schranke offen gelassen. Wir waren echt mal wieder viel zu deutsch. Es wäre wahrscheinlich komplett egal gewesen, wenn wir erst eine halbe oder ganze Stunde später draußen gewesen wären. Aber egal, jetzt konnten wir es auch nicht mehr ändern. So genossen wir wenigstens noch die Fahrt nach Hause; machten hier und da ein Foto, wie zum Beispiel von Pferden, zumindest solange die Sonne noch da war; und aßen unsere letzten Essensvorräte auf.

Zurück im Dörflein angekommen, packten wir unsere Sachen aus dem Auto in unser Zimmer. Das war ganz am Ende vom Hostel, wo es kein WLAN gab und alles total dunkel. Das Bett sah einfach nur widerlich aus. Da wollte ich mich erst gar nicht rein legen. Die Decke wurde bestimmt seit fünf Jahren nicht mehr gewaschen, so dreckig wie die war. Und der Wasserhahn funktioniert auch nicht wirklich. Geschweige denn davon, dass es warmes Wasser gegeben hätte. Wie das Frühstück aussehen wird, will ich erst gar nicht wissen. Also dafür, dass das Hostel hier genauso viel verlangte wie die Hostería von den letzten beiden Tagen mit Frühstück am Bett, war der Preis echt unverschämt. Aber egal. Eine Nacht werden wir hier schon überleben. Zum Glück haben wir ja unsere Schlafsäcke dabei. Genau für solche Notfälle sind sie äußerst nützlich. So glaube ich kann ich hier doch noch ein Auge zu machen.