Heute habe ich mich mal wieder so richtig über meinen Kleiderschrank gefreut. Ich hab hier so unendlich viele Kleider zur Auswahl, Schuhe bis zum Abwinken und tausende von Jacken. Ach ja, und meine große Schmuckkollektion ist nicht zu vergessen. Also stand ich heute mal wieder Stunden vor dem Kleiderschrank und konnte mich einfach nicht entscheiden was ich heute Abend anziehen sollte. Janne hatte mich nämlich auf ein Modeevent eingeladen. Sie ist Model (nicht nur in Deutschland sondern auch hier) und musste dort heute Abend eine Bikinikollektion für Officine D.I. präsentieren. Die Kollektion ist von dem bekanntesten argentinischen Model Daphne. Wenn man mit High Society Leuten unterwegs ist, kann man natürlich nicht in Jeans und Top kommen. Aufgrund der Größe meines Kleiderschranks konnte ich diesmal ein bisschen Zeit beim Aussuchen sparen. In blauem Kleid, Ballerinas, fake Perlenohringen und Silberarmband bin ich dann zur Busstation. Ich hab mir diesmal kein Taxi gegönnt, da ich ganz in den Norden von Córdoba muss, was ein bisschen teuer geworden wäre. Der Norden von Córdoba und vor allem das Viertel um die Veranstalungsstraße Laplace herum gilt als die Reichengegend der Stadt. Das Viertel sieht echt extrem aus wie in Europa. Ein hübsches Haus steht neben anderen, dann mal kommt mal ein Tennisplatz und sehr ordentliche Alleen. Da ich ein bisschen zu früh da war, hab ich mich auf die Terrasse von einem geschlossenen Restaurant gesetzt. Nach ein paar Minuten ist auf einmal die Alarmanlage angegangen. Da bin ich dann mal ganz schnell aufgestanden. Irgendwann kam aus einem Laden eine junge Frau raus und fragte mich, ob ich nicht reinkommen wolle. Es gäbe auch eine Klimaanlage. Schnell bin ich dann in den Laden. Hauptsache weg von der Alarmanlage. Innendrin war es ein richtiges Shoppingparadies. Der Laden war relativ klein, aber die Mode war einfach nur mega schön. Der könnte genauso gut in Berlin stehen. Die Kleidung war zwar nicht ganz so billig, aber jetzt auch nicht gerade Prada Preisklasse. Ich hab mich ein bisschen umgeschaut und mit einem Typen geredet, der sogar meine Praktikumsfirma PROA kennt. Ich war einfach nur richtig perplex, denn bisher konnte keiner dem ich davon erzählt hatte etwas mit dem Namen anfangen. Nach so einer halben Stunde kam endlich Janne mit drei anderen Models. Die eine davon war eben diese besagte Daphne. Die wirkte aber extrem arrogant auf mich. Janne hatte mich auch schon ein bisschen vorgewarnt. Ich musste erstmal richtig lachen, als ich gemerkt habe, dass der Modeladen (“Luola”) in dem ich gewartet habe der Veranstaltungsort ist. Deswegen war der Typ auch so verwirrt, als ich gesagt habe “tschüss ich gehe dann mal”. Nach und nach kamen immer mehr Leute und Janne hat mich ihrem etwas schwul wirkendem Chef und den anderen mehr oder weniger großen und kleinen Berühmtheiten vorgestellt. Danach musste sich Janne mit den zwei anderen Models umziehen, denn sie war ja schließlich da um ein bisschen zu arbeiten. Als Bezahlung dürfte sie sich später ein Bikini ihrer Wahl aussuchen. Also richtig heftig. Nach gefühlten 3 Stunden und unendlich häufige, tauschen der Bikinis beziehungsweise Badeanzüge untereinander, war Daphne endlich zufrieden mit der Bademode die die drei anhatten. Janne dufte mit Abstand den besten Bikini anziehen. Ich kann ihn schlecht beschreiben, aber da waren so Pflanzenmuster drauf. Die Badestückchen der anderen beiden waren einfach nur schwarz und da die Models jetzt nicht so viel Oberweite beziehungsweise in Argentinien überhaupt nicht haben (hier ist umso weniger, umso besser bzw. hübscher) sah das Ganze eigentlich eher semioptimal aus. Ihre Aufgabe bestand daraus, dass sie den ganzen Abend lang in der Bademode rumlaufen sollten, um so die Kollektion zu präsentieren. Generell ist es ja eigentlich voll der gute Job, aber die Klimaanlage war so krass aufgedreht, dass sie drei am Nordpol fast erfroren sind. Vor dem Laden gab’s eine Bar die Campari-Orange ausgeschenkt hat. Dort standen dann auch die meiste Zeit die ganzen Leute, da es eben etwas weniger kalt war als im Laden. Mal wieder typisch war, dass man keinen reinen Orangensaft trinken konnte, sondern nur mit Alkohol. Mal wieder so eine grandiose Logik. Aber Alkohol auf nüchternen Magen ist jetzt nicht so die beste Idee, weswegen wir beide nach ein bisschen Diskutieren doch noch einen Orangensaft bekommen haben. Dann war da noch so ein männliches Model, dass etwas komisch war. Janne und ich hatten schwören können, dass der high war. Neben seinem Modeljob möchte er jetzt auch noch Englischlehrer werden. Da bin ich mir aber nicht so sicher, ob das so eine gute Idee ist. Denn er hat eigentlich keine Englischkenntnisse. Ein anderer Job wäre da bestimmt besser für ihn.
Also ich muss echt sagen die Modewelt ist eine Sache für sich. Nach außen muss alles immer wie heile Welt aussehen und aufgesetzte Höflichkeit ist Pflicht. Natürlich gibt es auch ein paar nette und nicht künstlich wirkende Models beziehungsweise Designer, aber generell ist das schon eher eine spezielle Welt. Das eine Model Camina hatte da noch ein etwas großes Problem. Sie hatte gestern Nacht erfahren, dass sie am nächsten Tag für ein halbes Jahr nach China fliegen solle, um dort zu modeln. Ist ja eigentlich relativ kurzfristig, aber so ist es anscheinend immer. Das Problem ist nur, dass man als Argentinier nicht mehr ohne Visum in die USA einreisen darf. Auch wenn man nur zwischenlandet und den Sicherheitsbereich nicht verlässt. Da sie kein Englisch kann haben wir ihr ein bisschen geholfen sich mit der chinesischen Agentur auseinanderzusetzen. Da es dann schon fast Mitternacht war, hat uns Jannes Chef mehr als genug Geld für eine Taxifahrt gegeben, damit wir heil zu Hause ankommen. Es war ein echt schöner und mal etwas anderer Abend. Schade, dass dieses Viertel soweit Norden liegt, sonst könnte man da echt öfter hin.