Ich fasse es einfach nicht. Heute morgen um kurz vor neun klopfte eine Frau an uNiere Zimmertür und meinte sie bräuchte unsere Bettwäsche. Was wollte die denn bitte um diese Uhrzeit mit unserer Bettwäsche? Wenn es schon 12:00 Uhr gewesen wäre und wir eigentlich hätten auschecken sollen, hätte ich das ja verstanden. Aber so definitiv nicht. Als wir dann endlich die Tür geöffnet und erklärt haben, dass wir noch im Bett liegen, durften wir die Bettwäsche doch noch behalten. Wie gütig von ihr. Jetzt waren wir aber eh schon wach. Sie meinte noch unser Frühstück sei fertig, deswegen haben wir uns ganz schnell angezogen. Wir hatten gestern schon mal interessehalber einen Blick in den Kühlschrank geworfen beziehungsweise die Küche durchforstet, aber nichts essbares gefunden, außer sechs Stückchen Zwieback. Als wir dann aber in die Küche sind, standen genau diese Stückchen auf dem Tisch. Nichts anderes. Wir mussten einfach nur laut los lachen. Was war das denn hier bitte schön für ein Hostel. Erst mal Kakerlaken, dann nur zwei Bettwäschen und ein Frühstück wie für Gefängnisinsassen. Und das Ganze hat jeden von uns einfach 20 € gekostet. Die Frau hätte uns wohl eher den Geldanteil des Frühstücks in bar gegeben, damit wir uns was besseres im Supermarkt hätten kaufen können. In der Küche war es auch so abnormal stickig, dass wir einfach auf das Dach des Hauses gegangen sind. Ich glaube das ist als eine Art Dachterrasse gedacht, aber die ist so zugestellt und verdreckt dass man dort eigentlich erst mal sauber machen müsste. In der Ecke  haben wir ein paar Klappstühle und einen Tisch entdeckt. Die Stühle waren aber so schmutzig, dass wir einfach unsere Kopfkissen als Sitzpolster verwendet haben. Für das viele Geld das wir bezahlen war bestimmt eine Kopfkissenreinigung mit drin. Dann haben wir die Frau gefragt ob sie wenigstens ein bisschen Marmelade hätte, damit der Zwieback nicht ganz so trocken ist. Nach ein paar Minuten kam sie wieder mit ein paar fertigen Marmeladentöpfchen zurück. So jetzt war der Zwieback wenigstens ganz lecker. Nach einem sehr ausgiebigen Frühstück an der frischen Luft, haben wir uns fertig (die Dusche war wenigstens sehr sauber) und haben uns auf den Weg zu den Museen gemacht. Alta Gracia ist in ganz Argentinien bekannt für drei Attraktionen: die im 17. Jh gebaute “Residencia Jesuítica de Alta Gracia”, dem “Museo del Che” und dem “Museo Manuel de Falla”. Zuerst sind wir zum ehemaligen Haus von Ernesto “Che” Guevara, dem weltberühmten Revolutionär, gelaufen. Wegen seiner typisch argentinischen Angewohnheit in all seine Sätze, das noch heute verwendete, indianische Füllwort “che” (= hey du) einzubauen, ist er unter dem Namen “che” bekannt. Unheimlich interessant zu beobachten ist, wie unterschiedlich “Che” in der Welt wahrgenommen wird. In dem Museum und allgemein in Argentinien (ich weiß noch nicht wie es im Rest von Südamerika aussieht) wird er geradezu wie ein Held verehrt. In den deutschen Reiseführern beziehungsweise Geschichtsbüchern wird “Che” extrem negativ dargestelllt. Das liegt daran, dass er sehr stark mit Fidel Castro zusammen gearbeitet hat. Als Fidel Castro 2006 das “Museo del Che” besuchte, fanden in ganz Argentinien unglaublich viele Festivitäten statt. Fast alle Argentinier verehren Fidel Castro so sehr wie Che. Was auch immer man von Ches Politik halten mag, man muss schon eingestehen, dass er sehr viel in Amerika herumgekommen ist. Danach sind wir zu dem Museum von dem meist herauragenden spanischen Komponisten Falla. Dort lebte der Künstler die letzte Zeit seines Lebens. Der Grund für seinen Wohnsitz in Alta Gracia war seine schlechte Gesundheit. Das trockene Klima und die Bergluft sollten dagegen helfen. Auch bei Che war die Gesundheit der Grund für den Umzug nach Alta Gracia. Im Gegensatz zu Ches Haus war das von Falla ein Traum. Mann hat dort einen prima Blick auf die Sierras und rundherum ist alles grün. Nach dem Museum ist Janne aber nach Hause gefahren weil es ihr so schlecht ging. Deswegen sind an Juliane und ich alleine zu der Jesuitenkirche beziehungsweise der Residenz. Irgendwie war es dann aber doch schon total schnell später Nachmittag, so dass wir wieder nach Hause zurück mussten, um unsere Sachen zusammen zupacken. Heute wollten wir mal nicht zu spät zum Festival kommen. Das Janne zurückgefahren ist, machte überhaupt nichts, denn wie gesagt, die Aufgaben konnte man auch ruhig in einer kleineren Gruppe erledigen. Ich war ganz begeistert, denn wir mussten mal zur Abwechslung kein einziges Mal Müll aufsammeln oder die Mülleimer bekleben. Und siehe an, Mauricio hatte sogar die Erde für die “bombas de semilla” besorgt. Aber von wegen man musste die erst bestellen. Die hatte er einfach aus dem Garten ausgegraben. Wir mussten die nämlich erstmal sortieren. Alle Glasscherben, Regenwürmer, Steinchen und Hölzer mussten entfernt werden. Nach getaner Arbeit kann dann mein Auftritt des Abends. Mauricio kam plötzlich zu mir und meinte ich müsse jetzt auf die Bühne und allen Festivalbesuchern erklären, was die Fundación Natura ist und, dass alle Kinder dazu eingeladen seien mit uns diese bombas zu basteln. Ich dachte mir zuerst okay gut auf Deutsch mache ich das gerne aber auf Spanisch ist das eher eine kritische Angelegenheit. Natürlich gab es auch keine Notizzettel oder so, wo ich mir ein paar Stichworte hätte aufschreiben können. Also wurde improvisiert. Es hat aber alles ganz gut geklappt. Der Moderator wollte dann noch wissen wo ich genau herkomme, was ich hier mache, wie lange ich noch in Cordoba bleibe und welchen Essensstand ich besonders empfehlen könne. Nach 15  anstrengenden Minuten duralte ich mich wieder entspannt meinen Aufgaben widmen. Zusammen mit den Kindern formten wir dann aus dem Mischmasch aus Erde, Lehm und Wasser Bällchen in die wir dann Samen hinein gaben. Das Ganze haben wir dann in der Sonne trocknen lassen. Wir hatten aber natürlich schon fertige “bombas de semilla” dabei, die sich die Kinder ergattern konnten, indem sie uns fünf Strohhalme brachten. Aus denen sollte im Nachhinein auch ein Kunstwerk von einem Künstler gemacht werden, wie aus den Flaschendeckeln. Irgendwie hatte ich das Gefühl dass Mauricio in den letzten Tagen dazu gelernt hatte. Denn heute durften wir mit den Leuten sprechen, ihnen von der Fundación erzählen, mussten, wie gesagt, keinen Müll aufsammeln und das Essensgeld haben wir auch ohne Komplikationen in die Hand bekommen. Nach getaner Arbeit, sind wir dann beide wieder mit dem Colectivon zurück nach Córdoba gefahren.