Na toll mal wieder bin ich krank. Also Grippe kann ich jetzt wirklich alles andere als gut gebrauchen. Dieses Wochenende hab ich nämlich eigentlich geplant nach Kolumbien rüberzufahren. Denn ziemlich direkt an der Grenze, 7 km entfernt von dem kolumbianischen Dorf “Ipiales”, liegt die Neogothische katholische Kirche “Santuario de las Lajas” mitten im Canyon des Flusses “Guáitara”. Ich hatte diesen auf meiner Landkarte rot vermerkten Ort entdeckt und dann gleich nach Bildern gegoogelt. Diese Kirche sieht wirklich so unheimlich beeindruckend aus, dass ich da einfach unbedingt hin wollte. Es gibt keinen Bus der direkt von Quito aus rüber nach Ipiales fährt. Um trotzdem dorthin zu kommen, musste ich den fünfstündigen Bus nach “Tulnác”, Grenzort zu Kolumbien, nehmen. Von dort war’s dann nicht mehr weit bis zu dieser wunderschönen Kirche. Da ich schon mein Zimmer für Freitagnacht gebucht hatte, und ich das nicht kostenlos cancelln konnte, habe ich mich ganz dick eingepackt und in den Bus gesetzt. Der fährt zum Glück jede Stunde, so konnte ich mich noch ein bisschen ausruhen. Ich schlief fast die ganze Fahrt durch, so dass ich eigentlich nichts von der schönen Landschaft mitbekam.
Zwischendurch wachte ich in dem Dorf “Ibarra” auf, dass ziemlich fett auf meiner Karte eingezeichnet ist, aber beim Durchfahren hat es mich jetzt nicht so umgehauen. Also ganz dringend besuchen muss man die Stadt glaube ich nicht so unbedingt. Außer man hat natürlich Zeit totzuschlagen und ist zufällig in der Nähe.
So kam ich gegen 19:00 Uhr in Tulcán an. Da in Ecuador die Sonne schon immer um 18:00 Uhr untergeht, habe ich gestern nicht mehr allzu viel von der Stadt gesehen. Aber heute hatte ich dafür ein bisschen Zeit durch die Gässchen zu laufen. Tulcán ist die Hauptstadt der Provinz “Carchi” und es ist hier angeblich immer kalt. Obwohl ich jetzt nicht wirklich viel mehr friere als in Quito. Das Dörfchen ist super süß, auch wenn nicht wirklich charmant, und echt eine Reise wert, denn hier gibt es den aller aller aller schönsten Friedhof den ich jemals gesehen habe. Auf den komme ich weiter unten jedoch noch einmal zu sprechen.
Früher wurde hier immer extrem viel Schmuggel zwischen Ecuador und Kolumbien betrieben. Heute ist Tulcán für die ganzen Kolumbianer nur noch ein Shopping-Paradies. Denn es ist hier extrem billig. Zumindest für die Kolumbinaer. Die Textilien sind teurer als in anderen Teilen Ecuadors, aber die sind für Kolumbianer doch ein bisschen zu weit weg. Also ich finde es hier auch extrem billig. Da es in meinem Hotel kein Frühstück gibt, bin ich in irgendein Café, dass jetzt vom Ambiente her vielleicht nicht das Allerschönste ist, aber das Essen ist super gut und sehr Geldbeutel freundlich. Ich habe für ein Rührei mit Tomaten und Zwiebeln, einen Tee und Fruchtsalat nur ganze zwei Euro gezahlt. Das muss man sich mal vorstellen. In München bekomme ich dafür noch nicht mal eine Tasse Kamillentee.
Nachdem ich über 14 Stunden geschlafen und gut gefrühstückt hatte, ging’s nun ab für mich nach Kolumbien. Dafür fuhr ich erst einmal mit dem Taxi bis zur Grenze. Das war mal wieder ein Gezeter. Nach gefühlten Stunden hatte ich endlich meinen Ausreisestempel im Reisepass und konnte rüber zur kolumbianischen Migration laufen. Dort dauerte das Ganze dann noch ein bisschen länger, da Hightech dort nicht so wirklich aus geprägt ist und nur zwei nette Herren für ziemlich viele Pässe zuständig waren. Als ich endlich beide Grenzen überquert hatte machte ich erstmal drei Kreuze. Ich wechselte schnell mein Geld, was mal wieder eine totale Abzocke war. Es gibt nämlich leider an so semiprofessionellen Grenzübergängen keine wirklich gute Wechselstube. Aber egal, ich wollte jetzt auch nicht allzu viel Geld wechseln. Für die paar Stunden die ich drüben in Kolumbien verbringen würde, hatte ich nicht vor mein ganzes Sparkonto aufzubrauchen. Von dort habe ich mir wieder ein Taxi bis zum Terminal von Ipiales genommen. Das sind nur 2 km und wie gesagt, wenn man hier eins kann dann ist das billig Taxifahren. In meinem Reiseführer habe ich gelesen, dass von dem Busterminal sogenannte “Colectivos” recht günstig bis zum Santuario de las Lajas fahren. Colectivos sind hier Sammeltaxis, das heißt ich musste erstmal ein bisschen warten bis es komplett voll war. Wir wurden ein Stückchen weiter oben von der Attraktion rausgelassen, denn den Serpentinenweg nach unten darf kein Auto gefahren. Meine drei Mitfahrer konnten das zuerst überhaupt nicht glauben und regten sich extrem darüber auf. Aber schließlich fanden sie sich mit der Situation ab und machten sich auch auf den Weg nach unten.
Der bergabgehende Pfad war wie ein kleiner Spaziergang durch ein eigenes Dorf. Denn links und rechts von ihm gab es ein paar Häuser und vor allem ein Souvenirstand reite sich an den anderen. Da es sich um eine religiöse Attraktion hielt, wurden vor allem Kreuzketten, Schreine und Bilder von der Jungfrau Maria verkauft. Ich suchte überall nach einer Postkarte von Las Lajas, konnte jedoch leider keine finden. Eine Postkarte war wohl nicht religiös genug.
Beim letzten Mal um die Ecke biegen baute sich vor mir nun die Kirche auf. Ich kam wirklich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mitten in der Natur über einem Fluss stand dieses schlossartige Monument. Also die etwas umständliche Reise bis hierher hatte sich wirklich gelohnt. Instagram und Google haben mit ihren Bildern nicht zu viel versprochen. Die Kirche ist wie gesagt im neogotischen Stil gehalten und aus weiß-grauem Gestein. Sie besteht aus drei Schiffen die auf einer Brücke über den Fluss gebaut sind. So werden auch die beiden Talseite miteinander verbunden. Die Kirche ist unfassbar 100 m hoch, jedoch nicht ganz so viele Meter lang. Zuerst habe ich in dem Museum im unteren Bereich der Kirche vorbeigeschaut. Das ist alleine schon unheimlich sehenswert, denn die dunklen, massive Steingemäuer wirken sehr beeindruckend. Vor allem da die Mauern, beziehungsweise Wände mit Licht angestrahlt wurden. Dort unten gab es eine Gruft, alte Töpfereiprodukte und zahlreiche Fotos im Hinblick auf die Entstehung der Kirche.
Das Gebäude hat ziemlich viele Entstehungsphasen hinter sich. Es wird erzählt, dass 1754 “La Juana” mit ihrer kleinen Tochter durch die Gegend Las Lajas, wo heute die Kirche steht, in Richtung Ipiales zog. Plötzlich schrie ihre kleine Tochter, dass sie der Messias rufen würde. Die Mutter verkündete diese Außergewöhnlichkeit natürlich sofort dem Priester und zahlreichen anderen Leute. So fand ein paar Monate später die erste Pilgerreise zu Las Lajas statt. Im selben Jahr noch wurde eine Art Kirche von Mönch Gabriel Villafuerte an dieser Stelle erbaut. Diese hielt jedoch nur bis 1769. Nach und nach wurde die Kirche immer wieder erneuert, beziehungsweise komplett neu konstruiert. Die Anlage so wie sie heute noch steht wurde 1916 begonnen und 1949 abgeschlossen. Die Kirche wird typografisch gesehen als die hübscheste der Welt bezeichnet und im Hinblick auf die Pilger als die meistbesuchteste Amerikas. 1984 wurde sie zum Kulturerbe Kolumbiens ernannt. 2007 schafft sie es sogar zum 2. architektonischen Wunder Kolumbiens. Das ist bei dieser Schönheit aber auch wirklich nicht verwunderlich.
Ich hätte das Museum eigentlich eher ganz zum Schluss machen sollen, denn als ich wieder frische Luft schnappen wollte, landete ich direkt im strömenden Regen. Ich versuchte in die Kirche zu flüchten, was sich jedoch schwieriger herausstellte als gedacht, da sie gerammelt voll war. Nicht, weil alle, so wie ich, auf die Idee kamen ein Dach zu finden, sondern weil eine Kommunion stattfand. Irgendwie schaffte ich es aber mich hineinzuquetschen. Von innen war die Kirche auch extrem hübsch. Total hell und sehr wenig Gold. Irgendwann wurde es mir aber ein bisschen zu eng. Ich lief schnell nach draußen und die andere Talseite nach oben, denn da sollte es ein Restaurant geben. Da wollte ich erst mal warten bis der Regen aufhörte. Das war jedoch total leer und die hatten noch nicht mal einen Tee. Groß essen wollte ich jetzt auch noch nicht. Dafür war es etwas zu früh. Ich hatte sogar Glück, der Regen hat aufgehört. Ich hatte jetzt eigentlich schon alles sehenswerte gesehen, also machte ich mich zurück auf den Weg nach oben auf der anderen Seite. Eigentlich hätte ich wieder mit dem extrem billigen Taxi zurückfahren können, aber ich wollte noch zu dem Aussichtspunkt, beziehungsweise an ihm für ein paar Sekunden halten. Wir mussten eh an dem vorbei, aber die Taxifahrer sahen mal wieder ihre Chance auf Geld und meinten ich müsse dafür das Vierfache zahlen. Da ich keine andere Möglichkeit hatte musste ich wohl auf diesen sehr schlechten Deal eingehen. Echt fies. Die Kirche war vom Aussichtspunkt aus leider nur sehr klein zu erkennen. Aber besser als gar nichts.
Wieder zurück am Terminal ging das gleiche Theater wieder los, von einer Grenze zur nächsten und wieder zurück nach Tulcán in das Hotel. Obwohl ich noch gar nicht so viel gemacht hatte, war ich so fertig, dass ich gleich in meinem Bett einschlief. Lag wohl an dem Fieber. Da ich aber nach ein paar Stunden wieder aufwachte und es noch hell war, entschloss ich mich dem, bereits oben erwähntem, Friedhof einen Besuch abzustatten. Aily aus der Arbeit hatte mir den wärmstens ans Herz gelegt. Ich war ja schon extrem von den Friedhof in Buenos Aires begeistert, aber dieser hier übertraf sogar jenen. Zypressen-Büsche sind an den Gängen, beziehungsweise am Eingang in fantastische Tierfiguren, Engel und geometrische Formen geschnitten. Angefangen hat mit dieser Kunst 1936 “Sr. José Franco”, der heute unter seinem Kunstwerk begraben ist. Seine Gradaufschrift sagt dazu passend: “In Tulcán, ein Friedhof so schön, dass er einen dazu einlädt zu sterben.” Diese Worte kann ich wirklich nur bestätigen. Die ganzen Figuren sind echt unglaublich. Inka-Herrscher, beziehungsweise Einheimische in ihren Trachten werden dargestellt. Einen super Blick hat man, wenn man die Treppen der Urnengräber nach oben geht. Das ist dann so eine Art Aussichtspunkt. Als es dann langsam dunkel wurde musste ich mich wohl oder übel von den süßen Figuren losreißen und machte mich auf die Suche nach etwas essbarem. Naja, solange musste ich nicht suchen, denn ich ging in das asiatische Lokal von gestern. Das war super lecker und so schön billig. Irgendwie ist hier alles günstig.