Mein dritter Arbeitstag. Heute ging’s mal nicht ins Büro neue Mitgliedsdaten in den Computer eintippen, sondern zu der Firma “DAC”. Sie kümmert sich um Flugzeugunfälle beziehungsweise -vorfälle. Dort wollten wir die, seit November laufende, Spendenkampagne fortführen. Von der Albergue San Juan de Dios sind der Bruder Francisco, Elisa (kümmert sich ums Fundraisig im Büro), Lenin (ein 22-jähriger “Boote”) und ich mit einem Omnibus ins Stadtzentrum gefahren. Auf einmal hat der Bruder Francisco lauthals angefangen religiöse Lieder singen. Elisa, stimmte gleich mit ein. Dann ging plötzlich der Radio an und statt dass der Bruder ihn einfach ausschaltet, versuchte er ihn zu übertönen. Sehr amüsant. Ich hörte jedoch sofort auf zu schmunzeln, als der Bruder Francisco Gott für die verschiedensten Sachen zu danken begann, die Dankesrede führten dann Elisa und Lenin fort. Nachdem es gefühlte zwei Minuten ruhig war, schnallte ich erst, dass ich dran war. Oh Gott oh Gott, was sollte ich denn jetzt noch sagen. Ganz panisch überlegte ich mir schnell ein paar Worte: “Ich danke Gott für unsere Gesundheit und dass wir so ein Glück haben am richtigen Ort geboren worden zu sein.” Na toll das war ja sehr einfallsreich. Außerdem war mein Satz vielleicht 3 Sekunden lang im Gegensatz zu den andern 2 minutenlangen Dankesgebeten. Puh, wenigstens hatte ich es überstanden. Aber nein, ich freute mich zu früh. Anstatt, dass wir ganz gemütlich zu der Firma fuhren, begann der Bruder Francisco erneut ein Gebet, aber diesmal nicht als Dankesrede, sondern er formulierte Bitten. Als dann Eliza dran war, wusste ich nun, dass ich auch irgendwann an die Reihe kommen würde. Also begann ich schon mal ganz scharf nachzudenken was ich den Schlaues sagen könnte. Ich bat Gott, dass wir mit den Spenden die wir heute sammeln würden vielen Menschen helfen können. Ich hätte mir ruhig wieder mehr Text überlegen können, aber in dem Moment war ich nicht zu mehr im Stande. Nach diesen Worten war’s aber wirklich vorbei. Vor uns baute sich auch schon das beige zwölf stöckige Gebäude auf. Unser Plan war, uns in zwei Gruppen aufzuteilen und jedes Stockwerk von oben nach unten einzeln abzuklappern. In jedem Stock wollten wir ein sechsminütiges Video über die Albergue abspielen, ein paar weitere Daten zu dem Projekt erklären und versuchen neue Mitglieder zu finden. Ich ging in die Gruppe von dem Bruder Francisco und Fabricio der ein bisschen nachkam. Wir waren zum Glück authorisierte den ganzen Büros einen Besuch abzustatten, trotzdem stellte es sich als sehr schwierig heraus ein ganzes Stockwerk zusammen in einem Raum zu versammeln. Dafür musste immer Jolanda von den Recursos Humanos zu dem jeweiligen Direktor, um eine weitere Erlaubnis zu geben. Immer diese Bürokratie. Aber Hauptsache es funktioniert am Ende.
Also das Video konnte ich schon nach dem fünften Mal nicht mehr sehen. Der Bruder Franziskus versuchte, nachdem schon an sich sehr emotionalen Clip, mit seinen Worten noch weiter die Herzen der Anwesenden zu berühren, was meiner Meinung nach vielleicht ein Takt zu viel war. Aber er ist ja schließlich Bruder der Albergue, da ist es verständlich, dass er alles versucht, um die Emotionen an den Gegenüber zu bringen. Auf jeden Fall konnte er sehr sehr viele Leute von der Albergue überzeugen, so dass am Ende des Tages einige Formulare ausgefüllt waren. Wir hatten ganze US $ 600 pro Monat dazugewonnen. Also ein echter Erfolg. Diese Art neue Spender zu sammeln, stellte sich als viel erfolgreicher heraus, als in Cordoba, wo wir uns für Soles vier Stunden lang auf die Straße gestellt haben, für vielleicht 3 neue Mitglieder pro Tag.
Die letzten zwei Stockwerke durfte ich in der Gruppe von Elisa und Lenin verbringen. Hier verteilte Lenin die ganzen Blätter und überlies Elisa den Gesprächspartner. Da sie noch relativ jung ist, hat sie das Ganze ziemlich pfiffig rüber gebracht. Also von ihr kann ich mich noch viel abschauen.
Nach 5 Stunden waren wir endlich wieder am Boden angelangt und das ziemlich erschöpft. Zusammen fuhren wir zu einem Missionsordem, der eine sehr hohe Spende aus Spanien für uns hatten. Der süße Franciscus war ganz aus dem Häuschen als er die Summe gesehen hat und wollte eigentlich gleich mit uns essen gehen. Natürlich nicht von den Spendengeldern. Aber da der Lenin und Elisa wieder zurück ins Büro mussten, haben wir das ausfallen lassen. Ich bin dann noch ein bisschen im Zentrum herum gelaufen und hab mir die wunderschöne Jesuitenkirche “Compañía de Jesús” angeschaut. Ich hab wirklich noch nie so viel Gold auf einem Haufen gesehen. Also die war wirklich unheimlich beeindruckend.
Am Abend habe ich mich noch auf eine Tasse Tee mit Andi drüben in seiner Wohnung getroffen. Das machen wir fast jeden Tag, da es am Abend immer so kalt ist. So gegen 20:00 Uhr kommt noch ein wenig Unterhaltung dazu, wenn ein paar Geistliche über uns anfangen zu singen. Also langweilig wird uns abends definitiv nie.
PS: Für meine Arbeit hier nehme ich jetzt immer blau als Bild, wenn ich kein anderes spannendes habe.