Endlich habe ich meine eigenen vier Wände. Und zwar eigentlich nicht nur vier sondern mehr, ich hab jetzt aber keine Lust sie alle zu zählen. Meine Wohnung liegt ziemlich zentral in Quito. Das Gebäude ist wunderschön, aber sehr groß. Denn es beherbergt unter anderen den “Radio Católica”. Neben mir, ich bin im Erdgeschoss, befindet sich eine weitere Wohnung die “Andreas” gehört. Das ist ein Freiwilliger der Erzdieziöse. Er ist ungefähr so alt wie ich, ich hatte jedoch noch nicht die Ehre mit ihm persönlich Bekanntschaft zu machen. Er befindet sich gerade noch auf Reisen mit seinen Kumpels, kommt aber Montag wieder. Bis dahin bin ich erst mal alleine “beim” Radio. Das Büro, wo Alex arbeitet befindet sich direkt gegenüber von diesem wunderschönen alten Gebäude. Sollte mir also irgendwann mal etwas fehlen, muss ich nur rübersprinten, um mir Rat oder Hilfe zu holen. Das Beste ist jedoch die Metro (das ist hier der Bus) direkt vor meiner Haustür. So bin ich ratzfatz im historischen Zentrum, im Süden gelegen, oder im Norden bei Mittelpunkt der Erde.

Mein neues Zuhause besteht aus einer großen Küche mit Minitisch und eine kleine Sitzgelegenheit direkt am Eingang, einem sehr großen Schlafzimmer, einem kleinen Ankleidezimmer, einen Bad und einem Waschraum. Da steht sogar eine Waschmaschine. Generell ist alles sehr sporadisch eingerichtet und wirkt wie in einem Kloster. Die Wohnung gehört ja aber auch der Kirche. Also ist das nicht so verwunderlich. Zum Glück gibt es WLAN, somit ist mein Leben gerettet.

Endlich kann ich mal wieder richtig meinen Rucksack auspacken. Wie sehr habe ich einen Kleiderschrank vermisst. Da ich jetzt alleine wohne, muss ich mich auch selbst versorgen. Deswegen bin ich gleich mal zum nächsten Supermarkt, um essenzielle Dinge wie Klopapier, Salz, Pfeffer, Frischhaltefolie, Öl, Müsli und solche Sachen zu kaufen. Obwohl Feiertag ist, der übrigens mal wieder schön auf Freitag verschoben wurde, hatte der Supermarkt zum Glück geöffnet. Sonst hätte ich wohl Luft essen müssen. Denn die ganzen Restaurants sind an Feiertagen alle geschlossen. Da wird für die Familie gekocht und nicht für wildfremde Menschen. Nach gefühlten Stunden war ich endlich mit dem Shopping fertig. Es war erst 14:00 Uhr, also hatte ich noch den ganzen Tag vor mir. Auf ein Museum hatte ich überhaupt keine Lust, mal abgesehen davon, dass die meisten feiertags Ruhepause machen. Da bot es sich regelrecht an zum Mittelpunkt der Erde zu fahren. Der ist nämlich nirgendwo anders, als 22 km von Quito entfernt in “San Antonio de Pichincha”. Mit einem Breitengrad von 0°0’0″ ist diese Attraktion die meistbesuchte ihn ganz Ecuador. Also stieg ich in den Bus, hier gibt es zum Glück nur zwei Richtungen einmal den Süden und einmal den Norden. Da kann ich mich nicht so stark verfahren. Ich musste dann noch einmal umsteigen, hab dann aber schließlich nach 1 1/2 Stunden meinen Zielort erreicht. Was für eine Odyssee…

Im 18. Jahrhundert erreichte “La Condamine” mit einer französischen Expedition Ecuador, um die Erdform und die genaue Position des Äquators zu bestimmen. Auf der Mitte der Welt ist eine Äquatormonument platziert, dessen Zentrum eine große Kugel auf einem Monolithen ist. Diese soll die Erde und den Äquator simulieren. Das Bauwerk an sich steht wiederum in der Stadt “Ciudad del Mundo”. Das müsst ihr euch wie ein kleines Dörfchen vorstellen, mit unendlich vielen Souvenirläden, Cafés und Plätzen. Außerdem gibt es einige Ausstellungshallen die Informationen über die französische Expedition, ein Planetarium, Fotografien eines ecuadorianischen Bergsteigers und Gemälde von dem Künstler “Guayasamín” zeigen. Innerhalb des Monuments findet man das “Museo Ecuatorial” das über neun Stockwerke hinweg Ecuador vorstellt und einige Experimente im Hinblick auf die Erdrotation und den Äquator anbietet. Neun Stockwerke klingen jetzt viel, aber die sind so klein und bildlich gestaltet, dass man ziemlich schnell wieder unten ist. Oben auf dem Monument gibt es auch noch eine Aussichtsplattform von dem man prima die Umgebung betrachten kann. Von dort konnte man sogar den Hausvulkan “Pichincha” begutachten. Leider war es ein bisschen neblig wie immer zu dieser Jahreszeit, so dass ich nicht die komplette Landschaft gesehen habe. Was ich davor überhaupt nicht wusste ist, dass man hier auf dem Äquator ungefähr ein Kilo weniger wiegt, als an den Polen. Das liegt angeblich an der Zentrifugalkraft und der Höhe. Ein Asiate neben mir meinte gleich mal, dass er jetzt umziehen würde. Dann hier sei er endlich mal schlank. Gar nicht mal so eine schlechte Idee…

Natürlich habe ich wie alle Besucher das typisch Touristenfoto geschossen: ich zusammen mit dem Monument und der Äquatorlinie zwischen meinen Füßen. Apropos die gelbe Linie die sich durch die gesamte Anlage zieht, liegt übrigens nicht exakt auf der Mitte der Erde. Da hat wohl jemand etwas unsauber gearbeitet. Also auf diesem Terrain kann man unendlich viel Zeit verbringen. Aber nach ein paar Stunden hat es mir dann gereicht. Ich hatte ja schließlich noch einen etwas längeren Heimweg vor mir.

Die letzte Busfahrt war echt absolut unausstehlich. Da einmal Einsteigen 25 Centavos (hier gelten US-Dollar als Währung) kostet, fährt Gott und die Welt mit diesem Verkehrsmittel. Dementsprechend vollgestopft sind die Busse. Also ich war echt froh als ich endlich vor meiner Haustür stand. Vor allem war ich erleichtert, dass ich doch noch die richtige Station gefunden hab. Denn so klug wie ich mal wieder war, bin ich am Nachmittag einfach in den Bus eingestiegen ohne mir meine Station oder Hausnummer zu merken. Na ganz klasse… Aber ist ja noch mal alles gut gegangen.