Der letzte Ruinen-Tag. Mein Plan für heute war eine Tour zu “Pachacamac”, ein Zeremoniezentrum der frühen andinen Dörfer, zu machen. Da dieser Ort ungefähr 30 km südöstlich von Lima liegt, kann man diesen archäologischen Komplex nur mit einem Tourguide oder eigenem Auto erreichen. Da ich leider kein eigenes Auto habe, habe ich eine Tour gebucht. Von der anderen Unterkunft in Lima hatte ich noch einen Prospekt von “Limavision” die einen ganz guten Eindruck machten. Gestern Abend hatte ich mich eigentlich online angemeldet, aber nie eine Bestätigungs-E-Mail bekommen. Deswegen war ich mir nicht sicher, ob ich abgeholt werden würde oder nicht. Plan B war der Gang ins Goldmuseum. Aber siehe da um 9:15 Uhr klingelt es an der Haustür und ein Mann in Anzug und Krawatte stand mit einem totschicken schwarzen Auto davor. Ich war erst mal richtig perplex, denn ich hatte einen Kleintransporter erwartet und keinen Privatfahrer in Businesskleidung. Er war jedoch nur so eine Art Connection-Driver der mich zum Sammelpunkt im Zentrum bringen sollte. Denn Milis Haus ist in einem anderen Viertel, ein bisschen weiter außerhalb, gelegen. Am Treffpunkt wartete dann auch schon der lang ersehnte Transporter auf mich. Nun konnte es los zu den Ruinen gehen. Wir bekamen eine kleine Stadtführung von der ich jedoch nicht so viel mitbekam, da ich so und fassbar müde war, keine Ahnung warum, dass ich einfach einschlief. Das war mir im Nachhinein auch ein bisschen peinlich, denn ich saß ganz vorne direkt vor der Nase des Guides, so dass er prima sehen konnte wie unheimlich interessiert ich an seinem Gerede war. Wenigstens war ich dann bei Pachacamac wieder topfit.
Pachacamac war eine sehr wichtige Stätte für die Inka, als die Spanier ankamen und diese größtenteils zerstörten. Dieser Komplex wurde jedoch nicht nur alleine von den Inka erbaut, sondern von mehreren Kulturen Tausende von Jahren bevor sich die Inka dort niederließen und ihr Herrschaftsgebiet ausbauten. Diese archäologische Stätten ist nach dem Wari-Gott benannt und bedeutet “der der Land und Zeit erschaffen hat”. Im Gegensatz zu anderen Kulturen vereinten sich die Inka und Wari nie. Höchstfeinde machten so etwas nicht. Die Waris bewohnten die Stadt einige Jahrhunderte vor den Inka. Bevor wir uns jedoch die Städte anschauten, ging’s ab in ein Museum das ein paar Dinge erklärt. Das war ganz gut zum Einstieg, aber jetzt auch nichts besonderes.
Heute leben immer noch Menschen direkt an dem archäologischen Gelände. Der Staat versucht siewoanders hinzuversetzen. Da einige Familien jedoch teilweise das Land gekauft haben, ist es extrem schwer überhaupt mit ihnen über eine Umsiedlung zu reden. Also ist der Versuch des Staats bis jetzt wohl gescheitert.
Es gibt zwei Haupttempel auf dem Gelände, der etwas niedriger gelegene war dem Wari-Gott Patchacama gewidmet, dessen Tempel auch als bekanntes Orakel kalt, und den Sonnentempel der Inka. Der Sonnentempel steht auf einer Art Anhöhre, als Zeichen der Überlegenheit. Die meisten Gebäude sind nicht mehr als ein paar Steine hoch, jedoch die Haupttempel wurden größtenteils ausgegraben. 2012 wurde ein Friedhof von einem deutschen Archäologen entdeckt, indem in Textilien eingewickelte Mumien mit hochwertigen Grabbeilagen, Hunde und Meerschweinchen gefunden wurden. Der Friedhof darf nicht betreten werden, da er immer noch “intakt” ist und unendlich viele Menschenknochen herumliegen. Von Nahen Betrachten geht jedoch schon. Vom Sonnentempel aus hat man einen genialen Blick auf den pazifischen Ozean und zwei Inseln die aussehen wie eine überdimensionale Schildkröte. Zu deren Enstehung gibt es mal wieder eine ewig lange Legende der ich jedoch nicht ganz folgen konnte. Einfach zu viele Namen. Direkt am Eingang der heiligen Städte befindet sich ein Gebäude der Inka, das noch zu 70 % in Schuss ist und einzig und allein für Frauen war. Hier hatte mal wieder der berühmte Inka-Herrscher Pachacútec seine Finger im Spiel. Der muss echt ein Bauliebhaber gewesen sein.
Die Tour war richtig entspannt. Hier und da sind wir mal ausgestiegen, beziehungsweise ein Hügel hochgelaufen, aber generell wurden wir von Steinberg zu Steinberg gefahren. Das Gelände war komplett aus Sand und Geröll. Das hätte glatt in der Wüste stehen können und nicht am Rand von Lima. Von dort ging’s dann wieder nach Hause. Jetzt war ich hell wach und hätte prima einer Stadtführung lauschen können. Aber natürlich setzte sich der GGuide diesmal ganz gemütlich nach vorne und ließ seine Finger vom Mikrofon. Ich wurde wieder von einem Mann im schwarzen Anzug und gleichfarbigen Auto vor die Haustüre gebracht. Was für ein Luxus. Dort erwartete mich auch schon ganz gespannt Mili mit einem super leckeren Mittagessen. Leider war Flora die Köchin schon weg. Die ist nämlich immer nur bis um 13:00 Uhr da. Sie ist immer ganz gespannt wie Besucher ihr köstliches Essen finden. Dann muss ich ihr eben morgen von meiner Begeisterung berichten.
Kaum hatte ich mir die letzte Gabel Hackfleisch mit Kartoffelscheiben in den Mund geschoben, ging’s auch schon wieder los und zwar diesmal mit Mili. Wir holten die beiden Mädchen aus der Schule ab. Ich bin. mitgegangen, da ich unbedingt diese sagenumwobene deutsche Humboldt Schule kennen lernen wollte. Das Beste war jedoch erstmal die Autofahrt dorthin. Lima ist ja das absolute Chaos was Verkehrsregeln angeht. Jeder fährt wo er möchte und es ist ein Wunder, dass nicht die ganzen Straßen voller Autounfälle verstopft sind. Mili hat auf jeden Fall extrem viel Angst vor diesen ganzen verrückten Autofahrern und fährt deswegen so große Umwege, damit sie auf keinen Fall auf eine große Straßen mit viele Autos muss. Kommt ihr dann mal ein Auto entgegen bricht große Panik bei ihr aus. Ich kann sie da so gut verstehen. In diesem Chaos würde ich mich auch zu 180 % nicht hinters Steuer setzen. Busse fahren haarscharf an einem vorbei, Autos fahren plötzlich rückwärts oder biegen ab ohne nur einmal daran zu denken einen Blinker zu setzen. Hier ist es Pflicht seine Hand auf der Hupe zu halten. Sonst geht man auf den Straßen unter. Irgendwie haben wir es aber geschafft die Schule zu erreichen. Die Grundschule ist total hübsch im Gegensatz zu der “Secundaria” (so etwas wie ein Gymnasium). Überall laufen Deutschlehrerinnen herum und ich habe noch keine einzigen Schule mit so vielen Uhren an den Wänden hängen sehen. Ich glaube das liegt daran, dass die Peruaner sehr bekannt für ihre Unpünktlichkeit sind. Ob jetzt 8:10 Uhr oder 9:10 Uhr ist ja auch egal.
Wir lieferten Lucía zu Hause ab und fuhren zusammen mit Fabi zum “Museo de Oro”. Das hätte sich in meinem Reiseführer ganz nett angehört und stand auch auf jeden Programmpunkt verschiedenster Touren in Lima. Als wir jedoch das Museum betraten, traf uns der Schlag. Im Erdgeschoss war eine riesige Waffensammlung aus der ganzen Welt. Wohin das Auge nur reichte, waren Pistolen, Medallien, Messer, Gewehre, Offiziersanzüge und weitere Kriegsmaterialien ausgestellt. Das war wie eine extrem große Rumpelkammer. Ich hatte in meinem ganz Leben noch nie so unendlich viele Waffen auf einem Haufen gesehen. Ein ganzer Saal war einzig und allein Hitler gewidmet. Da musste ich der kleinen Fabi erstmal erklären wer diese Person überhaupt war. Schnell flüchten wir in den Keller wo das ganze Gold aufzufinden sein sollte. Dort unten konnte man fast nicht atmen so stickig war es und die schwarzen Wände erdrückten einen fast. Das war ein peruanisches Museum wie im Bilderbuch. Staubig, abgefetzt, uralt und kaum aushaltbar. Man könnte so viel aus diesen ganzen Ausstellungsstücken machen, jedoch war dies eine private Sammlung von mehreren Söhnen die sich absolut überhaupt nicht um dieses Museum kümmerten. Mili war auch total entsetzt. Die Frechheit war, dass wir genauso viel Eintritt zahlen mussten wie für das Muesum Larco. Und diese beiden Ausstellungen kann man definitiv nicht vergleichen. Schnell klapperten wir die ganzen Vitrinen ab und machten uns wieder auf dem Weg nach draußen an die frische Luft. Ich hab mich selten so gefreut draußen unter freiem Himmel zu sein.
Da mir ja nur noch ein Tag in Lima bleibt und es somit schwer wird all die ganzen unendlich leckeren peruanischen Gerichte zu probieren, ist Mili mit uns in ein Restaurant von dem bekannten peruanische Koch “Gastrón” gegangen. Er hat den Hyp um die peruanische Küche in Gang gesetzt. Lima ist das absolute Zentrum für weltklasse Küche. So wurde auch gerade der Peruaner “Virgilio Martínez” zum besten Koch der Welt ernannt. Mili bestellte eine Platte mit den verschiedensten peruanischen Gerichten, damit ich möglichst viel probieren konnte. Darunter waren Fleischspieße aus Kuhherz, gefüllte Kartoffeln, Maisbrei mit Hähnchen, Tomaten, und Avocado, Kartoffeln mit der berühmten Soße “Huancaina” und einer scharfen Tomatensalsa. Es war mal wieder ausgezeichnet. Sogar die Frau vom Chef, Astrid, war vor Ort mit der ich sogar die Ehre hatte ein Foto machen zu dürfen. Manuel, der Mann von Mili gesellte sich nach seiner Arbeit noch zu uns drei. Nach dem Essen gab es jedoch keine Verschnaufpause, denn wir lieferten nur schnell die kleine Fabi Zuhause ab, damit sie sich bettfertig machen konnte. Für mich ging es dann mit Milli und Manuel weiter zu “Huaca Pucllana”. Das ist wieder ein Zeremoniezentrum komplett aus Lehmziegeln. Das Besondere ist jedoch das hochgehalten Restaurant direkt daneben mit einem unglaublichem Blick auf die in der Nacht angestrahlten Ruinen. Dort genossen wir unfassbar einfallsreiche und leckeren Nachtische. Außerdem probierte ich den Cocktail “Algarrobita”, gemacht aus den Früchten vom Baum Algarrobo mit einem Schuss Pisco Sour. Der ist überhaupt nicht zuckersüß, sondern hat einen leicht bittere Nachgeschmack, ähnelt aber ein bisschen eine kalten heißen Schokolade. Also besser hätte man den Tag ich nicht ausklingen lassen können. Schade, dass ich nur so kurz in Lima bin. Die Stadt gefällt mir bis jetzt unheimlich gut und vor allem die Familie.