Oh Gott eine Touristenveranstaltung vom Feinsten. Der Tag fing eigentlich super an. In unserem Hostel bekamen wir schon um 6:00 Uhr Frühstück, das heißt wir mussten nicht verhungern und wir wurden für unseren Tagestrip pünktlich abgeholt. Wie gesagt ist ja Puno, beziehungsweise der Titicacasee berühmt für die schwimmenden Inseln der Uros. Von den habe ich schon in Geolino vor Jahren in einem Artikel gelesen und war ganz begeistert. Deswegen wollte ich das natürlich auf keinen Fall missen und so ging unser Tagestrip heute genau dorthin. Da man auf diesen schwimmenden Inseln jedoch nicht Tausende von Stunden verbringen kann, war die natürliche Insel “Taquile” der zweite Programmpunkt.

So jetzt erstmal genug zu unseren Tagesplan. Da es hier wie in San Pedro de Atacama Hunderte von Agenturen gibt und hier keine wirklich speziell empfohlen wird, haben wir einfachshalber die von unserem Hostel genommen. Mit dem Bus wurden wir ganz bequem zum Hafen gebracht, wo dann der ganze Spaß anfing. Ich sag schon mal von Anfang an, unser Guide war der absolute Horror und eine Witzfigur zugleich. Typisch südamerikanisch lagen unendlich viele Boote nebeneinander für die Millionen von Touristen die täglich zu demn Inseln strömen. Anstatt, dass es für jedes Boot einen Steg gibt, der eigentlich helfen sollte das Boot zu betreten, kletterten einfach alle Menschen von Boot zu Boot bis sie schließlich im richtigen landeten. Kein Wunder, dass es oft zu Bootverwechslungen kommt. Wir beide haben es trotzdem geschafft ins richtige Boot zu finden ohne verloren zu gehen. Zu Beginn fanden wir den Guide noch sehr amüsant. Sein bestes Kauderwelsch war: “el baño is for pipí, not for poopoo” (= das Bad ist nur für Pipi nicht für Groß). Das klingt jetzt vielleicht nicht so lustig, aber in der Situation war es das schon. Danach fing aber erstmal sein Geplapper an. Es hörte überhaupt nicht mehr auf. Er erzählt dies und das und schaffte es 45 Minuten lang durchzureden. Am Anfang hörten wir noch gespannt zu, aber nach 15 Minuten regte uns seine Stimme einfach nur noch auf. Wir wollten eigentlich nur die Landschaft genießen, ein bisschen Musik hören, beziehungsweise unser Buch lesen. Aber das ging mit diesem anstrengenden Hintergrundgeräusch überhaupt nicht. Zumal er alles immer zweimal erzählte, einmal auf Englisch und dann auf Spanisch. Hier in Peru gibt es drei offizielle Sprachen: Castellano (Spanisch), Quechua und Aymará. Da viele nur letzteres sprechen, werden wir mit unserem Spanisch of nicht verstanden. So ist das zum Beispiel mit unserer Hostelfrau. Nach diesen sehr langen Minuten landeten wir auf einer der 87 Uros Inseln. Dort fühlte ich mich wirklich in meine Kindheit zurückversetzt, als ich noch Geolino gelesen habe. Diese schwimmenden Inseln werden aus reinem Schilf gebaut. Ich konnte es kaum glauben, aber man bricht wirklich nicht ein, egal ob man springt, rennt oder versucht einen Tunnel zu graben. Okay, also Letzteres sollte man jetzt vielleicht nicht versuchen. Die Uros, deren Kultur älter ist als sie der Inka und spanischen Kolonialzeit, haben diese künstlichen Inseln erbaut, um sich vor kriegerischen Auseinandersetzungen zu schützen. Wenn sie sich bedroht fühlen, flüchteten sie einfach auf ihre Schilfinseln in Titicacasee. Heutzutage leben aber nur noch wenige Hundert Menschen auf diesen Inseln. Haupteinnahmequelle ist der Tourismus. Das merkt man wirklich extrem, wenn man sich eh auf dem Weg zu diesen schwimmenden Inseln macht. Von den 87 Stück sind nur wenige für den Tourismus zu gelassen. Dementsprechend wurden wir auch schon auf einer der Inseln von den “Bewohnern” erwartet. Ich setze Bewohner in Anführungszeichen, da sie meistens nur am Tag auf die Inseln fahren und Abends wieder nach Puno zurückkehren.

Die Inseln müsst ihr euch ganz klein vorstellen. Man kann sie vielleicht mit einem etwas größeren Wohnzimmer vergleichen. Deswegen leben dort auch nur wenige Familien zusammen. Ich muss jetzt schonmal einwerfen, dass der ganze Aufenthalt auf dieser Insel sehr gespielt und aufgesetzt war. Aber trotz alledem ist es unheimlich interessant gewesen die ganzen Geschichten, Legenden und einfach die Lebensweise der früheren Uros zu erleben. Wir wurden in der typischen Tracht empfangen und gleich vom Inselchef auf der Sprache der Aymará begrüßt. Leider fing jetzt schon wieder unser Guide zu plappern an. Anstatt, dass wir ganz in Ruhe Fotos machen und die Insel auf uns wirken lassen konnten, mussten wir ihm gefühlte Stunden zu hören wie er irgendetwas über das Wasser erzählte oder über das Schilf. Die Sachen waren aber noch nicht einmal interessant, sondern einfach nur richtig unnötig. Außerdem stiel er so den ganzen Bewohnern komplett die Show. Er stand im Mittelpunkt. Zum Glück durften wir irgendwann auf zwei handgemachte, unglaublich hübsche Schilfschiffe und ein bisschen um die Insel herumtuckern. Der Guide blieb zum Glück am Land. Ich weiß das klingt jetzt echt fies, aber er war wirklich unerträglich. Normalerweise lernen wir echt gerne etwas über die Geschichte, aber er übertrieb es einfach maßlos. Die Ruhe auf dem kleinen Schilfboot genossen wir beide sehr. Wir konnten es gar nicht wirklich glauben, dass wir auf so einem niedlichen Boot saßen und die Sonne genießen konnten. Ich fühlte mich einfach nur total in den Geolino Artikel zurückversetzt. Auf einmal schipperten wir mitten in das Schilf hinein. Die Bewohner rissen ein paar Schilfhalme heraus und gaben sie uns zum Essen. Das ist dort nämlich Hauptnahrungsmittel. Aufgrund der Feuchtigkeit kann auf den Inseln kein Agraranbau betrieben werden. Das Schilf ist für die Bewohner überlebenswichtig. Sie verwenden es für ihre Hütten, natürlich für die Inseln, als Essen, Heilmittel gegen Kopfschmerzen und weitere Verwendungszwecke. Wir haben beide das Schilf. probiert und man kann es echt essen. Ehrlich gesagt, schmeckt es nach gar nichts. Also solltet ihr mal kurz vorm verhungern sein und ein Schilf in der Nähe entdecken, greift beherzt zu.

Unser Schiff war relativ flach und erinnerte uns an den Teppich von Aladin. Nur eben aus Schilf. Das andere Boot hätte auch direkt aus China stammen können. Es hatte eine drachenähnliche Form, war gelb-rot angestrichen und hatte eine Art Königsstuhl als Aussichtsplattform in der Mitte befestigt. Das war echt ein Kunstwerk an sich. Nach 20 Minuten mussten wir leider wieder zu unserem Guide zurück. Er winkte schon von weiten mit beiden Armen und rief uns irgendetwas zu. Kaum waren wir wieder auf dem Schilfland sollten wir uns im Kreis auf den Boden setzen. Nun wurde uns die Entstehungsgeschichte der Insel erklärt. Das Ganze war aber wirklich gut gestaltet. Vor uns wurde eine Miniinsel aufgebaut, damit unsere Augen der Erklärung besser folgen konnten. Man glaubt es kaum, aber so eine Schilfinsel hält einfach 35 Jahre. Natürlich muss sie jeden Monat mit neuen Schiff erneuert werden. Bis eine Insel komplett fertig ist, vergeht meistens bis zu ein Jahr.

Es gibt sogar eine extra Kloinsel. Dort muss man aber einfach 30 Minuten lang hinrudern. Da ist mal nichts mit spontan aufs Klo gehen. Die Schule befindet sich natürlich auch auf einer extra Insel. Diese ist ebenfalls so weit entfernt. Also wirklich entspannt ist das Leben dort glaube ich nicht. Außerdem ist es dort richtig kalt. In Puno spricht man von einer kalten und sehr kalten Season. Also wirklich warm ist es nie. Da die Insel (übrigens Titi genannt) vom Tourismus lebt, wurde wie immer Artesanía angeboten. Ich nahm mir ein kleines Schilfboot mit. Muss ja schließlich die Insel finanziell unterstützen. Mal schauen wie lange das durchhält ohne zerquetscht zu werden. Nach ungefähr einer Stunde wurden wir alle wieder in das Motorboot gepackt und zur Isla Taquile gefahren. Das war jetzt wie gesagt eine natürliche Insel. Im Titicacasee gibt es insgesamt 36 Inseln. Die Isla del Sol auf der wir die letzten beiden Tage waren, ist die größte davon. Taquile ähnelt der Isla del Sol sehr. Auch hier gibt es keine Straßen, keine Autos und auch keine Fahrräder aufgrund der Steigung. Bevor wir jedoch ankamen, durften wir 1 Stunde und 10 Minuten auf dem Boot aus dem Fenster schauen und unserem lieben Guide zu hören. Wir waren dermaßen von diesen genervt, dass wir uns einfach aufs Dach vom Motorboot setzten. So waren wir wenigstens für ein paar Minuten vor seinem Geplapper gerettet. Die Isal Taquile ist leider nicht so schön wie die Isla del Sol. Diese lebt zwar auch nur von Touristen, aber irgendwie ist das Ganze nicht so idyllisch. Es werden ja auch zwei Tagestour mit einer Übernachtung in einer Familie auf dieser Insel angeboten. Aber zum Glück haben wir die nicht gebucht. Wir haben ja schließlich schon zwei Nächte auf der Isla del Sol verbracht und die ist echt um einiges schöner und weniger touristisiert.

Auf der Isla Taquile leben rund 1600 Aymara, Nachfahren der Inka die vor ihnen hier lebten. Der Namen der Insel stammt von einem Spanier der die Insel wer der Kolonialzeit kaufte und nach seinem Nachnamen benannte. Als wir unsere Füße auf die Insel setzten, mussten wir wieder 40 Minuten bergauf laufen. Es war jedoch überhaupt nicht so anstrengend wie auf der Isla del Sol. Eine Sache die uns beide überhaupt nicht gut gefiel war die, dass ich die ganzen Einheimischen sich extrem für die Touristen positionieren. Ein Mädchen scheuchte extra für uns ein paar Schafe zusammen, an jeder Straßenecke wurde gewebt und alle trugen übertriebenermaßen ihre traditionelle Kleidung. Wir hatten ungefähr 1 Stunde und 20 Minuten Zeit bis zum Hauptplatz dem “Plaza de Armas” zu kommen. Der erinnerte uns beide total an ein Westerndorf. Vor allem, als die ersten Schulkinder vorbei liefen deren Schuluniform sehr dem Outfit eines Cowboys ähnelte. Jetzt kam mal wieder unser Guide ins Spiel. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie schaffte er es minutenlang über die Kleidung der Einheimischen zu reden, wie zum Beispiel dass verheiratete Männer eine lila Mütze trugen oder Frauen mit großen Bommeln am Schaal ebenfalls verheiratet waren. Er erzählte aber so viele Geschichten, dass dass es unmöglich ist, dass die alle stimmen. Zum Beispiel dürfen angeblich nur die Männer Stricken und Häkeln. Die Frauen dürfen nur Weben. Da wir aber auf dem Weg auch strickende Frauen angetroffen haben, können die nicht von der Insel stammen. Also wer hat sich denn bitte den Schwachsinn ausgedacht. Das ist zu 180% nicht korrekt. Okay, es stimmt, dass fast nur auf dieser Insel strickende Männer zu sehen sind. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das Stricken den Frauen hier verweigert wird. So ging es mindestens eine halbe Stunde lang. Dann überprüft er auf seiner Liste, ob alle Teilnehmer aus der Gruppe anwesend waren und nicht auf dem Weg verloren gegangen sind. Janni hieß auf einmal Giorga und obwohl sie sich nicht angesprochen fühlte und somit nicht laut “sí” schrie, ignorierte er einfach die Stille und führte seine Tour fort. Zum Glück, denn wir waren alle schon extrem hungrig und freuten uns auf das Mittagessen. Dafür wanderten wir die Insel ein bisschen bergab, aber natürlich auf der anderen Seite und ließen uns auf großen Bierbänken eines Restaurants nieder. Wir konnten es aber nicht fassen. Anstelle des Mittagessens kam der Guide und fing an zu reden und das mindestens eine dreiviertel Stunde. Dann kam noch das beste, eine tolle Tanzeinlage: drei Männer spielten traditionelle Instrument während eine Frau mit einer Hacke in den Boden stieß und dazu stampfende Fußbewegungen machte. Wir schauten nur unsere Sitznachbarn an, ein total nettes israelisches Pärchen, die ebenfalls die Krise bekamen und fast vor Hunger umfielen. Jetzt kam der Kindergeburtstag ins Spiel. Wir dachten wir haben eine seriöse Tour gebucht, aber stattdessen mussten wir uns gegenseitig an der Hand nehmen und im Kreis tanzen. Eine Französin war davon ganz begeistert. Übermotiviert schnappte sie sich die Hände der anderen Teilnehmer und tanzte wie verrückt herum. Ein kleiner Junge war Part dieser Tanzeinlage der so unheimlich süß war, dass er mir schon wieder leid tat für diesen Tourismus so stark benutzt zu werden. Benutzen ist wirklich das richtige Wort, denn nach dem Kindergeburtstag knuddelte ihn die Französin ganz fest und drückte ihm einen dicken Kuss auf die Backe. Der arme. Wenn das nur jeder Tourist machen würde, könnte er sich gleich ins Wachsfigurenkabinett Madame Tussaud stellen. Das war aber noch nicht genug. Kaum hatte sich die Französin hingesetzt, kam ein Asiate angesprintet, mit einem schwarzen Regenschirm in der Hand, platziert sich vor dem kleinen Jungen und schoss mindestens 2 cm für sein Gesicht 10.000 Fotos. Ich dachte schon nach 1 Minute ist es genug. Aber nein, er drückte weiter auf den Auslöser. Also im Nachhinein muss ich echt sagen wir waren von etwas eigenartigen Leuten umgeben. Dafür hatten wir wenigstens unseren Spaß. Nach der Tanzeinlage war das Mittagessen leider immer noch nicht fertig. Wie konnten wir es vergessen, der Guide hatte 10 Minuten lang nicht gesprochen. All die vielen Worte die sich in diesen 10 Minuten aufgestaut hatten, mussten jetzt natürlich raus und so erzählte uns von diesen Baum und jenem, von Wolle die gewaschen werden muss und einer webenden Frau die er direkt vor uns platzierte, damit wir endlich mit eigenen Augen die Herstellung eines Gürtels mitverfolgen konnten. Danach kam endlich unser Essen: Quinoa Suppe, Omlett und ein undefinierbarer aber relativ leckerer Tee. Danach ging’s zum Glück wieder zurück ins Boot. Und siehe da ich glaub der Guide war sehr sehr müde von dem ständigen Gerede, denn die Rückfahrt duften wir in Stille genießen.

Gleich bin ich fertig mit dem anekdotenreichen Tag, nur noch eine Sache zu unserem Hostel. Es ist wie im Mittelalter: wenn wir heiß Duschen möchten, müssen wir 10 Minuten davor Bescheid geben, damit es für uns warm gemacht wird. Gerade eben wurden wir angerufen und uns mitgeteilt, dass das Bad nun fertig sei. Also wie so zwei kleine Prinzessinnen im Schloss.