Heute habe ich mal zur Abwechslung nicht so viel zu erzählen. Nach einem ausgiebigem und wieder einmal leckerem Frühstück bin ich um 10:00 Uhr mit dem Argentinier von gestern nach Sucre aufgebrochen. Die ganze Stadt wurde 1991 als UNESCO Weltkulturerbe erklärt und soll das Herz von Bolivien darstellen. Wenn man nach der Konstitution geht, ist Sucre sogar die Hauptstadt. In La Paz befindet sich nur die Regierung und das Finanzzentrum. Also die ganzen Reiseführer versprechen ja viel. Die setzten die Erwartungen ganz schön hoch.
Der neue Busterminal von Protosí ist sogar erstaunlicherweise relativ hübsch. Ich hätte jetzt eher einen abgenutzten und dreckigen Busbahnhof erwartet. Da wir unsere Fahrkarten im Bus kauften wurden uns so keine Sitzplätze zugewiesen wurden, setzten wir uns einfach irgendwohin. Das wurde mir während der Fahrt zum Verhängnis. Denn wie immer blieb der Bus hier und da stehen um weitere Leute an Bord zu nehmen, beziehungsweise herauszulassen. So betraten schließlich zwei sehr traditionell gekleidete Bolivianerinnen den Bus und hatten ein Ticket mit meinem Sitzplatz in der Hand. Ich sagte ihnen sie sollen sich doch bitte einfach weiter hinter setzen, da dort der ganze Bus noch frei war. Das taten sie dann auch für eine Station, kamen aber wieder zurück und verscheuchten mich ganz böse von meinem Platz. Damit mir das Ganze nicht noch einmal passierte, schrieb ich auf meine Fahrkarte einfach meinen neuen Sitzplatz drauf. Sollte jemand wieder das Bedürfnis haben meinen Sitz einzunehmen, dann hatte ich jetzt wenigstens Beweismittel, dass dieser Platz mir gehöre. So ging die Fahrt für wenige Minuten entspannt weiter. Ich sage wenige Minuten, da plötzlich der Bus anhielt und sich nicht mehr vorwärts bewegte. Das Gefährt vor uns war auch ein Bus der ebenfalls angehalten hatte. Dort stiegen aber irgendwie alle Menschen aus. Ich dachte es wäre schon wieder ein Unfall passiert und die Mitfahrenden würden dem Verletzten zu Hilfe eilen. Aber dem war nicht so. Vor uns war in der Schotterstraße ein riesiges abgründiges Loch. Zuerst versuchten die ausgestiegenen Leute lauter Steine in diesen Abgrund zu legen, damit die Autos besser passieren konnten. Das brachte jedoch nur den ganzen Pickups und PKWs etwas. Wenn der Bus versucht hätte darüber zu kommen, wäre er gnadenlos zur Seite umgekippt. Während in den anderen Bus die Leute wieder langsam einstiegen, drehten wir um und machten uns auf den Weg zu einer geteerten Straße. Ich verstehe überhaupt nicht wieso wir da nicht schon von Anfang an drauf gefahren sind. Das geht doch eh viel schneller.
Die Busfahrt war mal wieder ein Traum. Man darf eigentlich überhaupt nichts anderes machen, als aus dem Fenster zu schauen und die Landschaft zu genießen. Aufgrund der Höhe von Bolivien schlängeln wir uns natürlich die ganze Zeit durch die Anden, beziehungsweise andere Bergketten. Umso länger ich durch Bolivien fahre, desto mehr fällt mir auf wie ursprünglich Bolivien noch ist. Ich glaube das habe ich schon einmal erwähnt, aber es ist wirklich so. Das Land ist wie von der Weltuhr abgesprungen und lebt nun nach seine eigene Zeit die heute und morgen immer die gleiche sein wird.
Als schon 3 Stunden vergangen sind, war ich felsenfest davon überzeugt, dass doch jetzt endlich mal Sucre kommen müsste. Wenig später tauchte auch auf einmal eine wunderschöne Kirche und eine tempelmäßige, bunte Villa auf. Das hätte glatt in einer Oase in Arabien stehen können. Entweder das war ein extrem reiches Dorf oder der Anfang von Sucre. Es war zum Glück letzteres. Ich musste auch mittlerweile schon echt dringend aufs Klo. Hatte wohl zu viel Tee am Morgen getrunken. Kaum fuhren wir um die nächste Kurve sah ich schon wie sich eine enorm große Stadt in dem Tal und auf den Berghängen ausbreitete. Die war viel viel größer als Potosí. Und unglaublich hübsch: weiße saubere Häuser, mit Stuck verzierte Fassaden, grüne Flächen und hier und da sehr moderne Hochhäuser.
Zusammen mit dem Argentinier fuhr ich zu meinem Hostel, dass ich schon im vorneherein gebucht hatte, da es nur drei Zimmer besitzt und heiß begehrt ist. Der Argentinier hatte Glück und hat für heute Nacht noch einen Platz bekommen. Morgen muss er aber woanders hin umziehen. Mein Zimmer ist der hammar: super gemütlich mit einem Bett und Schreibtisch und dem allerbesten Blick über die ganze Stadt. Die Küche ist direkt gegenüber auf dessen Terrasse man ebenfalls über Sucre schauen kann. Mit dieser Unterkunft kann ich mir die ganzen Aussichtspunkte sparen. Ich hatte sie direkt in meinem Zimmer. Wir haben uns kurz ausgeruht und sind dann am Nachmittag noch ein bisschen durch die Stadt gelaufen. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Diese weißen prunkvollen Häuser überall passen gar nicht in das Bolivien das ich bisher kennengelernt habe. Aufgrund dieser Farbe wird die Stadt auch als die weiße Stadt bezeichnet. Wir informierten uns ein bisschen bei der Touristeninformation, schlenderten zu dem Park Simón Bolivar, der richtig hässlich ist und wollten eigentlich auf den Turm von einer Kirche, um dort den Sonnenuntergang anzuschauen. Die wollten uns aber leider nicht mehr nach oben lassen da sie schon in 15 Minuten schließen wollten. Oh man, und wir hatten das so gut geplant gehabt. Also sind wir wieder zurück in unser Viertel Recoleta wo es auch einen Mirador gibt. Als wir an dem Platz, wo sich dieser Aussichtspunkt befindet, ankamen, schafften wir es kaum uns einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen. Er war nicht voller Touristen, sondern voller Schulkinder die sich immer Freitags zum Fußballspielen und anderen Aktivitäten auf diesem Platz treffen. Das Beste ist, dass es dort in einer Art Garten ein Café und Restaurant gibt. Da wir nur gefrühstückt hatten, beschlossen wir gleich relativ früh dort zu Abend zu essen. Mit Blick über die Stadt, Blasmusik (die war irgendwo unten im Zentrum auf den Straßen) und super leckerem Essen saßen wir unter Strohschirmen und genossen das Mondlicht. Irgendwie ist mir das Ganze aber dann doch zu eng mit dem Argentinier geworden. Ich werde jetzt erst mal versuchen auf Abstand zu gehen.