Heute war mal wieder ein ereignisreicher Tag. Zuerst muss ich mal das Frühstück hier erwähnen. Das ist sooooooo unglaublich lecker. Zum Glück bleibe ich noch eine Nacht so bekomme ich das Ganze morgen gleich nochmal. Also es gab Rühreier so viele ich wollte, Müsli, Marmelade, Brot, Obstsalat (natürlich alles nur Früchte mit Schale), Tee, Kaffee und was man sich sonst noch alles wünscht. Das geniale Frühstück hab ich auch echt gebraucht, denn um 9:30 Uhr hat die Tour in eine Mine von Potosí begonnen. Die Wirtschaft Potosís lebt vor allem von der Minenarbeit. Insbesondere wird in diesen Minen Silber, Zin und Blei abgebaut. Es gibt zahlreiche Agenturen, die Touren in die Minen anbieten. Jedoch sollte man darauf achten wem man sich in die Hände gibt. Denn zahlreiche Agenturen setzten einen einem hohen Risiko aus. Hin und wieder stirbt ein Tourist aufgrund von Steinschlag, Wagenüberrollung oder etwas anderem kuriosem. Ich habe einfach die von dem Hostel genommen. Die scheinen hier alle zu machen und bis jetzt ist dabei noch nichts passiert. Wie waren schlussendlich acht Leute und wurden relativ pünktlich am Hostel abgeholt. Zuerst fuhren wir zu einem Haus wo wir ganz schicke Minenkleidung anziehen mussten. Das sah unheimlich sexy aus. Mit roter Hose und Jacke, Gummistiefeln, Helm und Stirnlampe ging’s wieder zurück ins Auto. Von dort düsten wir weiter zum Markt der Minenarbeiter. Also ich muss sagen ich bin echt froh, dass ich nicht das Auto fahren muss. Denn die Sträßelchen hier sind so eng und ungerade, dass man unheimlich viel Feingefühl braucht, um nicht gegen die nächste Hauswand zu klatschen. Das Wort Markt ist eigentlich falsch, denn es sind vereinzelte Lädchen wo man Zigaretten, Kokablätter, Kekse, Getränke, Alkohol und Dynamit kaufen kann. Ja ihr habt richtig gehört Dynamit. Den gibt es hier an jeder Straßenecke zu kaufen. Die Minenarbeiter hier sind nämlich nur in Kooperationen Mitglied und keine Arbeitnehmer von Firmen. Das bedeutet, dass sie die ganzen Materialien die sie zum Abbau der Mineralien brauchen, die Arbeitskleidung, das Essen und alles weitere selber von ihrem Geld kaufen müssen. Die Kooperationen sorgen nur für ihre Krankenversicherung und ihre Rente. Meistens erreichen die Arbeiter jedoch erst gar nicht das Rentenalter. Das liegt nämlich bei 55 Jahren und der durchschnittliche Minenarbeiter lebt 45-50 Jahre. Auch bekommen sie von diesen Kooperationen kein festes Gehalt, sondern erhalten eben nur das was sie an Materialien an Wert abbauen. In einem dieser Läden haben wir ein paar Geschenke für die Minenarbeiter gekauft, d.h. Kekse, Softdrinks, Milch und Kokablätter gegen die Höhe und den Hunger, denn unter der Erde dürfen keine andere Nahrungsmittel eingenommen werden. Die Geschenke sind dafür da, dass die Minenarbeiter ein bisschen mehr Geld übrig haben. Denn es ist immer reine Glückssache, ob sie Mineralien finden oder nicht. Und dann haben Sie noch diese ganzen Kosten die sie decken müssen. Nach unserem kleinen Einkauf ging’s hoch zur Mine “San Miguel”. Die liegt auf 4500 m und ist noch aktiv. Sonst wären auch unsere ganzen Mitbringsel umsonst gewesen. Zuerst hielten wir noch an einem Aussichtspunkt von wo aus wir ganz Potosí sehen konnten. Die Stadt ist echt richtig hübsch und uns wurde erzählt, dass die ganzen Häuser mit rötlich-orangenen Dächern die ursprüngliche Stadt darstellen und der Rest später dazu gebaut wurde.
Der Weg in die Mine hinunter war echt sehr eng und anstrengend. Obwohl wir oft nur wenige Steine, beziehungsweise Treppen runterklettern mussten, stellte es sich als extrem anstrengend heraus aufgrund der Höhe. Wir waren immer alle ziemlich aus der Puste nach nur wenigen Metern. Also Platzangst darf man hier auf keinen Fall haben. Es war stockdunkel, überall gingen Tunnel entlang und eben die Enge. Angeblich sind die ganzen Wege insgesamt 500 km lang. Was für ein Labyrinth. Zum Glück musste ich mich da nicht alleine zurechtfinden. Die meisten Arbeiter bauen dort unten 8 Stunden pro Tag ab. Wenn sie jedoch mehr Geld benötigen können es auch bis zu 15 Stunden werden. Also eine einfach nicht menschenwürdige Arbeitszeit. Unsere beiden Guides waren übrigens Ex-Minenarbeiter und konnten uns deswegen sehr emotional die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Minen aufzeigen. Es nimmt einen echt richtig mit, wenn sie erzählen wie ihre Eltern gestorben sind und sie deswegen schon mit zwölf Jahren anfangen mussten in der Mine zu arbeiten. Eigentlich ist Kinderarbeit laut Gesetz verboten, dass überprüft aber überhaupt keiner, so dass schon zwölf oder 13-jährige Kinder in der Ferienzeit unten in der Mine aufzufinden sind. Wir haben auch zwei gerade arbeitende Minenarbeiter auf getroffen, die so lieb waren uns auch alle ihre Geschichten zu erzählen. Es sind immer die ähnlich grausamen: Der Vater ist an den Gasen in der Mine, an einer Explosion oder Steinschlag gestorben. So müssen dann die kleine Jungen anpacken, um der Mutter zu helfen, wenn diese denn überhaupt noch am Leben ist.
Unterwegs in den Tunneln haben wir immer mal wieder eine teufelähnliche Figur aus Stein passiert. Diese war mit Luftschlangen verziert, um sie herum lagen tausende von Kokablättern, eine Zigarette steckte in ihrem Mund und kleine Alkoholflaschen lagen um ihren Körper herum. Fernando, einer der Guides, erklärte uns, dass diese Figur “Tío” darstelle. Dieser seie Besitzer der Mine, beziehungsweise der ganzen Mineralien vor Ort. Deswegen bringen sie immer täglich diese Opfergaben mit. Der Alkohol zum Beispiel, mit 96%, ist dafür da, dass der Tío es gut mit ihnen meint und sie viele pure Materialen vorfinden lässt. Deswegen auch der hohe Alkoholanteil. Diese Tíostellen dienen auch den Arbeitern als Ruheort, wo sie eine kleine Pause machen können. Diese Statuen sehen komplett unterschiedlich aus: mal sind sie groß, mal klein, mal bunt. Eine Gemeinsamkeit die sie doch alle haben, ist, dass sie so viel verziert sind. Wenige Tage vor Karneval wird jedes Jahr die Dekoration erneuert. Richtig interessant fande ich warum der Tío eine teufelähnlich Gestalt hat. Bevor Bolivien kolonialisiert wurde, hat die indigene Bevölkerung einer Göttlichkeit der Unterwelt und der Dunkelheit Opfergaben gebracht. Als die christlichen Konquistadoren kamen und ihnen von einer Einteilung in Himmel und Hölle berichtet haben, dachten diese sie würden den Teufel anbeten und gaben dem Tío dessen Gestalt. Es gibt auch noch eine weiter Göttlichkei die da unten angebetet wird: die Mama Pacha. Die ist so etwas wie die Frau vom Tío die mit der Erde in Verbindung gebracht wird. Deswegen dürfen auch keine Frauen in der Mine arbeiten. Denn sonst könnte ja die liebe Mama Patcha eifersüchtig werden. Was ich aber nicht verstehe ist, warum denn der Tío nicht neidisch auf die ganzen Minenarbeiter ist. Die beten ja schließlich auch die Mama Patsche an. Aber wer versteht schon die ganzen Legenden und Rituale der Bolivianer.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt warum Bolivien so arm ist. Wenn man nach ihren Mineralien gehen würde, müssten sie eines der reichsten Länder sein. Bolivien lebt auch nur von dem Export der Mineralien. Das Problem ist nur das sie vor Ort keine einzige Fabrik zur Verarbeitung der ganzen Mineralien haben. So müssen Sie die rohen Materialien für teures Geld wieder einkaufen. Deswegen kann Potosí auch nicht den bolivianischen Präsidenten leiden. Er hat nämlich schon seit Jahren versprochen eine Fabrik hier aufzustellen. Das ist natürlich bis heute nicht passiert. Nach zwei anstrengenden Stunden unter der Erde ging’s für uns wieder zurück an die Oberfläche. Darüber war ich echt froh, denn langsam brauchte ich echt mal wieder frische Luft.
Da ich nicht so viel Zeit im Potosí habe bin ich gleich, nachdem wir wieder im Hostel abgesetzt wurden, zum “Casa de la Moneda”. Angeblich ist es eines der Starmuseen in Südamerika. Dem kann ich aber leider Gottes nicht ganz zustimmen. Das ist anscheinend der Ort wo die erste globale Währungen entstanden ist. Generell war das Thema total interessant, aber die Frau die die Führung gemacht hat, war einfach nur abgrundtief furchtbar. Die hat ihren Text einfach nur richtig langweilig runtergeredet. Also man hätte das ganze wirklich spannender gestalten können. Aber mei, ich habe die eineinhalb Stunden überlebt.
Hier in Potosí gibt es total viele Aussichtspunkte. Eigentlich wollte ich auf dem Turm von der Kathedrale aus den Sonnenuntergang schauen. Aber irgendwie hab ich den Eingang nicht gefunden, beziehungsweise war zugeschlossen. Wie immer. Frustriert bin ich wieder zurück zum Hostel gegangen. Dort habe ich einen Argentinier aufgegabelt. Ich habe ihm von meinem misslungenen Turmbesteigungsversuch erzählt. Da meinte er, er wolle auch unbedingt den Sonnenuntergang schauen und wir würden schon einen Platz finden. Das taten wir auch und zwar auf dem Turm der “Campañía de Jesus”. Der war echt klasse von dort oben und ich muss echt sagen, dass ich gestern Abend falsch lag. Die Häuser von Potosí, zzumindest im Zentrum, sind wunderschön. Sie sind mit Ornamenten verziert, bunt und einfach nur süß aneinandergereiht. Danach sind wir noch ein bisschen durch Potosí spaziert, haben mal wieder Artesanía gekauft, also einen Pulli und sind noch richtig schön billig essen gegangen. Das war aber eigentlich egal, denn ich wurde netterweise eingeladen. Leider war ich so beschert und habe rohe Zwiebeln gegessen. Ich bete nun einfach nur gaaaanz fest, dass ich nicht davon krank werde. Jetzt bin ich aber auch echt fertig und freu mich auf mein Bett.