Der heutige Tag fing ja schon mal klasse an. Strahlend blauer Himmel lachte uns entgegen, als wir zum Frühstück von unserem Hostal gingen. Es war nur leider so unfassbar kalt, so dass ich sogar Rauchwolken ausstoßen konnte. Also so eisig war es bisher ja noch nie. Liegt wohl daran, dass wir jeden Tag weiter in den Süden kommen. Mit heißem Porridge im Magen machten wir uns dann auch gleich um 9:00 Uhr auf den Weg zum Queulat-Nationalpark. Dieser Park ist 20 km südlich von Puyuhuapi und das absolute Must-See in dieser Region mit seinem gleichnamigen, hängendem Gletscher. Der Park ist auch super leicht zu finden. Wir mussten nur der Carretera Austral gen Süden folgen und dann links ins Naturschutzgebiet abbiegen. Die Fahrt dorthin war auch mal wieder ein reines Abenteuer, da auf der ganzen Strecke gebaut wird und mal hier und da ein Lastwagen vorbei wollte, beziehungsweise die Straße ein Schotterweg mit tausenden von Schlaglöchern ist. Innerhalb des Parks konnten wir auf einem schön großen Parkplatz unser liebes Auto stehen lassen und den hängen Gletscher auf verschiedenen Wanderwegen erkunden. Laut meines Reiseführers hieß es man solle so früh wie möglich den Ausflug starten, um den Park für sich alleine zu haben, bevor die ganzen Tagestouristen kommen. Aber wir timeten es so, erst um 10:00 Uhr dazu sein, da unsere liebenswürdige Hostelmutter uns auf den andauernden Morgennebel hingewiesen hat, der erst ungefähr um unsere angepeilte Uhrzeit verschwindet. So hatten wir also geniales Wetter als wir ankamen, mussten nicht allzufrüh aufstehen und hatten den Park trotzdem noch fast für uns allein. Nur ein Ausflugsgruppe von 7 Leuten, samt Guide, waren noch vor Ort, die jedoch erstmal woanders langgingen als wir. Da man am Morgen generell noch am meisten Energie hat, beschlossen wir zuerst den längsten und anstrengendsten aller Wanderwege zu machen. Der “Mirador en Altura” war 3,3 km lang, ging bergauf durch den Regenwald und endete auf einer Plattform von dem man einen genialen Blick auf den gewaltigen Gletscher “Ventisquero Colgante” hatte. Wir brauchten für den Hin- und Rückweg zusammen 2 Stunden plus Fotosession und Ausruhen mit dem tollen, malerischen Ausblick. Ich hatte davor noch nie einen Gletscher aus dieser Nähe gesehen, das Skifahren in Hintertux ausgenommen. Es ist echt beeindruckend zu beobachten, wie das geschmolzene Gletschereis wie ein Wasserfall in den See fließt.
Den ganzen Morgen lang warteten wir schon darauf unsere altbekannten Kalifornier wiederzutreffen. Denn der Queulatpark mit hängendem Gletscher ist ja DIE Attraktion in der Gegend Puyuhuapi, beziehungsweise der einzige Grund warum man sich hierher verirrt. Kaum hatte ich sie erwähnt, kamen die beiden auch schon um die nächste Ecke gebogen. Morgen werden wir sie sehr wahrscheinlich wieder treffen. Im Bosque Encantado. Denn das ist der nächste sehenswerte Punkt an der Carretera Austral. Eigentlich müssten wir mal zusammen was trinken gehen so oft wie wir aufeinanderstoßen.
So nun kamen man die etwas entspannteren Wander- beziehungsweise Spazierwege. Der Zweite führte zur Costa Laguna von der man eigentlich den gleichen Blick auf den Gletscher hat, nur eben diesmal von unten und nicht von oben. Außerdem sieht man, wie der Name schon sagt, die Lagune des Gletschers sehr gut. Generell kann man auch noch mit dem Motorboot weiter in Richtung Gletscher fahren, aber das kostet nochmal obendrauf und außerdem ist das nur für die faulen Leute die nicht den langen Weg nach oben wandern wollen. Dort oben ist man nämlich fast genauso nah dran, wenn nich sogar näher. Wer immer noch nicht genug von dem Gletscher gesehen hat, kann noch zum “Mirador panorámico” laufen. Das sind nur wenige Minuten und man kommt nochmal in den Genuss dieses Naturschauspiel zu bewundern. Der aller aller aller beste Weg ist aber der letzte, der zum “Río Ventisquero”. Also wir haben ihn zumindest als letztes gemacht. Der wird wahrscheinlich auch normalerweise nicht sehr häufig betreten, denn der er machte nicht wirklich einen ausgelatschten beziehungsweise zivilisierten Eindruck. Der Weg war zwar nur 1 km lang, ging dafür jedoch bergauf und bergab und vor allem nur durch Schlamm. Also so einen Pfad bin ich ja noch fast nie gegangen. Der ging mitten durch den Urwald über verwilderte Bäche, verwucherte Baumstämme und eben Matsch Matsch und wieder Matsch. Zwischendurch wollten wir schon fast aufgeben, motivierten uns dann aber doch wieder gegenseitig. Elias war schon bis zu den Waden im Schlamm versunken und in meinem Turnschuhen fand eine Poolparty statt, als wir endlich das Ziel vor uns hörten. Gottseidank sind wir nicht umgedreht. Denn was sich uns am Ende bot, war einfach nur unglaublich. Wenn die Autoren der ganzen Reisbücher alle diesen Weg gegangen wären, hätten sie definitiv diesen als Highlight markiert und nicht die 3,3 km lange Wanderung bergauf. Hier war es nämlich wie im Bilderbuch. Der Gletscher samt seiner Lagune erstreckte sich vor uns und zwar von so einer Entfernung, dass man nun endlich das komplette Bild vor sich hatte und nicht nur Ausschnitte von der Seite oder von halb vorne. Das wäre der perfekte Ort um ein Märchen zu drehen. Also wenn ich Regisseurin wäre, würde ich diesen Platz zu 180 % als Location verwenden. Es würde sich nur als etwas schwierig gestalten die ganzen Materialien dorthin zu schleppen.
Ganz durchnässt und verschlammt erreichten wir unser Auto und machten uns zurück zu unserem Hostal in Puyuhuapi. Auf dem Rückweg hielten wir jedoch noch bei den “Termas del Ventisquero” an, um uns in deren heißen Quellen aufzuwärmen und die Muskulatur zu entspannen. Das war auch schon wieder wie in einem Film. Mit einer Bergkulisse, dem Fjord von Puyuhuapi, hin und her springenden Delphinen im Vordegrund und der dahinter untergehenden Sonne genossen wir das heiße Wasser und die letzten Stunden des Tages.