Der letzte Tag in Mendoza. Eigentlich hätte ich heute ja mal ausschlafen können, da ich ja nicht mehr von der Gruppe abhängig war, aber Lasse hatte gestern Nacht vorgeschlagen den Sonnenaufgang von den Weinfeldern aus zu beobachten. Der sei nämlich angeblich wunderschön. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen und so unendlich früh musste ich jetzt auch wieder nicht aufstehen. Um 7:30 Uhr geht in Mendoza nämlich erst ungefähr die Sonne auf. Ich muss echt sagen ich habe prima in diesem Matratzenlager geschlafen. Es war zwar ein bisschen stickig und heiß, da kein Fenster geöffnet war, aber sonst richtig gemütlich. Wie immer war ich die Erste aus dem Matratzenlager die aufgestanden ist. Okay, die anderen wollten sich auch nicht den Sonnenaufgang anschauen und Lasse hat ja sein eigenes Zimmer. Normalerweise wird hier jeden Tag um 8:40 Uhr aufgestanden. Ob Wochenende oder nicht das ist ganz egal. Mit unseren Kameras ausgerüstet, sind wir dann zu den Reben die direkt vor der Haustür sind. Unterwegs habe ich sogar noch ein paar Trauben gefunden, obwohl das Feld eigentlich schon geerntet wurde. Der Sonnenaufgang war echt unfassbar schön. Jedoch mehr die Reflektionen der Sonne an den Anden die dadurch rosafarben wirkten.ü, als der Aufgang an sich. Ich entdeckte sogar den schneebedeckten Aconcagua vom Vortag und konnte gar nicht genug vom Fotomachen bekommen. Auf der anderen Seite wo die Sonne eigentlich aufgestiegen ist, waren ausgedörrte Weizenfelder und mehr oder weniger verlassene von Häusern vorzufinden. Wir sind auch an dem total verwahrlosten Häuschen vom Nachbar vorbei der seine Weinfelder einfach nur verderben lässt und sich nicht um sie kümmert. Leider möchte er sein Feld nicht an die Bodega von Lasse verkaufen, also lebt beziehungsweise stirbt es so vor sich hin. Hier ist mir erst so richtig aufgefallen, dass Mendoza ja eine Stadt mitten in der “Wüste” ist. Alles ist hier total trocken und wird mit größter Mühe künstlich bewässert. Nachdem ich erst mal genug von denen um mich herum hängenden Trauben hatte, sind wir wieder zurück, um zu frühstücken. Frühstück gibt es immer in der Scheune in der ich geschlafen hatte. Die ist super modern eingerichtet, hat hohe Decken und ist total lichtdurchflutet aufgrund der großen Fenster. Wie ein modernes Bauernhaus. Drei große Tischtafeln aus massivem Holz standen im Raum verteilt. An einem saß bereits ein Traubenpflücker neben seinem schwarzen Kaffee und einer Scheibe Butterbrot. Ich musste erstmal richtig schmunzeln, als ich gesehen habe, dass keine Teller verwendet werden, sondern dass das Brot einfach auf dem Tisch liegt. So richtig holzfällermäßig. Auf dem Holztisch ist sogar noch eine Glasplatte drauf. Aber dass die zerkratzt scheint dort irgendwie keinen zu jucken. Zum Frühstück gibt’s bei denen immer dicke Weißbrotscheiben mit Butter und Marmelade und schwarzem Kaffee. Also für mich wäre das definitiv kein Frühstück. Alleine schon dieser Kaffee würde mich abschrecken. Lasse hat es hier echt super. Er bekommt dreimal pro Tag essen: Frühstück, dreigängiges Mittagsmenü bzw. Abendessen. Das Frühstück ist das einzige worum er sich selber kümmern muss. Also die Sachen dafür einkaufen muss er nicht, sondern nur das Zeug vom Kühlschrank an den Tisch bringen und das Buttermeser abwaschen. Sein Zimmer wird auch immer geputzt, ebenso wie sein Bad, er darf täglich so viel Wein trinken wie er will und wird für seine Arbeit sogar noch bezahlt. Das ist mal ein Leben. Dafür sitzt er draußen in der Pampa fest und hat nach einem Gewitter mal locker eine Woche kein Strom. Und WLAN gibt es eigentlich auch nie. Also alles hat hier so seine Vor- und Nachteile. Eine Sache mit der ich mich auch überhaupt nicht anfreunden könnte, wäre die tägliche Weinprobe um 9:00 Uhr morgens. Da die Bodega ab 10:00 Uhr für Besucher öffnet, müssen bis dahin alle Weine die zur Probe zur Verfügung stehen, auf ihren Geschmack getestet werden. Klar, man nimmt nur einen kleinen Schluck in den Mund, aber das wäre mir schon zu viel. Vor allem von dem vielen Rotwein den es hier gibt. Aber das gehört eben zu Lasses Arbeit. In dieser Bodega werden 16 verschiedene Weine herstellt (ein Weißwein, ein Dessertwein, ein Sekt, ein Rosé und der Rest ist komplett dunkelrot). So muss er also 16 Flaschen testen. Ich hab dabei nur zugeschaut, beziehungsweise ab und zu daran gerochen oder die Flasche geöffnet. Wenn eine Flasche nicht gut genug war, musste eine andere geöffnet werden. Dazu ging das Weinglas aber erstmal zum Chef der immer das Schlusswort hat. Die Bodega gehört übrigens Franzosen, was sehr amüsant ist weil so dort mehr Französisch gesprochen wird als Spanisch. Darüber freut sich Lasse natürlich immer, vor allem weil er ja so exzellent schlechte französisch Kenntnisse besitzt. Die kann er da jetzt wenigstens verbessern. Nach der etwas frühen Weinprobe habe ich eine Privattour von Lasse durch die Bodega bekommen. Er hat mir erzählt, dass sie seit 2003 existiert, und dass der Name, wie schon einmal erwähnt, CarinaE eine Sternenkonstellation darstelle. Die Bodega ist relativ klein, da sie in Familienbesitz ist und produziert deswegen “nur” 26.000 l Wein pro Jahr. Die großen Produzenten stelle bis zu 10 Millionen l Wein her. 20 % exportiert CarinaE ungefähr und Lasse versucht nun (das ist Teil seiner Arbeit) diese Bodega nach Dänemark exportieren zu lassen. Also den dänischen Markt für sie zu öffnen. Da er fast seinen Bachelor in Marketing und Management fertig hat, bereitet ihm das ganze nicht so große Schwierigkeiten. Mir wurden die ganzen Weinflaschen gezeigt ob schon mit Ettiquette versehen oder noch nicht (das wird übrigens mit der Hand gemacht). Leider musste ich danach schon langsam wieder zurück nach Mendoza Capital, um meine Gruppe am Cerro de Gloria um 14:00 Uhr zu treffen. Ich pflückte noch ein paar Trauben zur Wegzehrung und machte mich mit dem Taxi zurück in die Stadt. Denn zufällig wurden gerade die beiden Partymacher, die normalerweise auch immer Trauben pflücken, zur Bodega gebracht. Da konnte ich dann gleich das Taxi zurücknehmen. Ich war leider schon ein bisschen früher als 14:00 Uhr da, habe mir dann aber gedacht, dass ich ja mein Buch dabei habe 1 bis 2 Stunden kann man ja warten. Ich hab mich auch schon drauf eingestellt, dass sie nicht um 14:00 Uhr kommen, sondern erst um 15:00 Uhr. Denn die Gruppe ist zum Rafting in die Berge gefahren und bis die wieder zurück in der Stadt sind, kann das mal zu einer Verzögerung von 1 bis 2 Stunden kommen. Da ich ja mein ganzes Gepäck hatte (den großen Rucksack, weil der kleine hätte vielleicht für zwei Tage gereicht, aber nicht für ein verlängertes Wochenende), habe ich mich vor einen Kiosk gesetzt, meine Trauben genossen und mein Buch beziehungsweise Kindle ausgepackt. Nun begann die Wartezeit. Ich wartete und wartete und wartete. Wechselte meinen Sitzplatz vom Schatten in die Sonne und wieder zurück. Doch der Bus wollte einfach nicht kommen. Immer wenn ich ein lautes Geräusch hörte was zu einem Bus hätte gehören können, habe ich von meinem Buch aufgeblickt und mich nach dem Geräusch umgesehen. Aber meistens war es nur ein Turibus. Ich schickte Janne eine WhatsApp Nachricht, aber da ich nur einen grünen Haken hatte war die Nachricht anscheinend nicht angekommen. Also mit Internet wars da also nicht so ganz. Da ich langsam Hunger bekam und ich mir nichts gescheites kaufen konnte, wegen meines ganzen Gepäcks das ich nicht einfach so rumstehen lassen konnte (dieser Cerro de Gloria ist in einem unheimlich hübschen Park, den hätte ich zuuuuuu gerne erkundet) bin ich für Erdnüsse zum Kiosk. Dann habe ich mich wieder auf mein Platz gesetzt und weitergewartet und gehofft das ich von den Nüssen nicht krank werden würde, wie meine Mum in Afrika, wegen des verkeimten Wassers das da durch die Schale durchsickert. Als es dann 17:00 Uhr war fragten mich die Kioskbesitzer auf wen oder was ich denn überhaupt warten würde. Ich erklärte ihnen meine Situation an der sie aber natürlich leider auch nichts ändern konnten. Irgendwann war so spät, dass ich mir gedacht hab die haben mich vergessen. Zwischendurch war ich richtig sauer, dann wieder dachte ich mir nur so “Sophia du bist in Argentinien, also etwas lockerer sehen”. So hab ich mich einfach nur noch ganz entspannt hingelegt und versucht die Zeit tot zu schlagen. Irgendwann um 18:30 Uhr bekam ich eine WhatsApp vom Koordinator, dass der Bus in ungefähr 30 Minuten kommen würde. Ich antwortete ihm, dass ich einfach nur unendlich froh sei eine Nachricht bekommen zu haben. Als Antwort bekam ich nur, dass ich ja selbst daran schuld sei, weil ich ja nicht mitgefahren bin. Ich hatte hier ja niemandem eine Schuld gegeben, aber einen so lange warten zu lassen, ohne einen zu informieren, ist schon ein bisschen dreist. Er hätte mir am Vortag auch einfach sagen können, dass sie nicht wissen wann sie zurückkommen werden. Dann hätte ich mich ganz anders drauf eingestellt und nicht die ganze Zeit so Panik gehabt. Denn was weiß ich was mit dem Bus alles hätte passieren können. Als sie dann alle endlich da waren, sind wir noch auf dem Cerro de Gloria hoch. Von dort hatte man eine super Sicht über Mendoza. Und einen Vorteil gab es doch, dass der Bus zu spät gekommen ist. Denn so konnten wir mal wieder einen Sonnenuntergang an einen sehr hübschen Platz genießen.

Leider ging’s dann auch schon wieder zurück nach Cordoba. Die Nacht war aber noch sehr amüsant, da jedes Land ein Lied ins Mikro singen musste (natürlich nur mit einer Flasche Rotwein als Belohnung). Also ich muss sagen am lustigsten waren definitiv die Franzosen. Statt dass einer vorgesungen hat, so wie bei all den anderen Ländern, haben sie all wie verrückt ins Mikro geplärrt und eine Lightshow mit ihrem Handylampen veranstaltet. Also alles sehr amüsant.

Am Montagmorgen betraten wir dann endlich wieder cordobesischen Boden.