Da mein Aufenthalt in Argentinien nun langsam zu Ende geht, mir bleiben leider nur noch wenige Tage, habe ich mir gedacht, dass ich doch mal ein Blogeintrag zu dem typischen Argentinier beziehungsweise der typischen Argentinierin machen könnte. Ich glaube ich bin jetzt schon lang genug hier, um das beurteilen zu können. Ich fang mit dem typischen Argentinier an.
Erstmal ein bisschen zum Äußeren. Der typische Argentinien ist klein (1,60 m bis 1,70 m), hat wegen der Sonne und natürlich der indigenen Wurzeln ein bisschen dunkle Haut, ist durchtrainiert und relativ gut gekleidet. Eine Sache, die ich aber sehr zu bemängeln habe, sind die vielen Tattoos die hier jeder Argentinier hat. Ich rede jetzt vor allem von der jungen Generation. Generell habe ich überhaupt nichts gegen Tattoos, finde sie teilweise sogar ganz cool (kommt natürlich auf die Person an zu der sie gehören), aber hier sind die so unfassbar schlecht gestochen, dass sie in einanderfließen. Also hässlicher geht es teilweise nicht mehr. Dafür könne fast alle Jungs genial Gitarrespielen. Das kommt einem dann bei Lagefeuern zu gute. Der argentinische Charakter ist da teilweise aber schon noch anstrengender. Wie ich schon des Öfteren erwähnt habe, ist es Gang und Gebe Mädchen beziehungsweise Frauen auf der Straße, aus dem Auto (die dann teilweise sogar anhalten) und aus dem Fenster hinterher zu pfeifen. Ach ja und ständig bekommt man Bemerkungen wie “Hola hermosa” oder “Sos la más linda” zu hören. Am Anfang musste ich immer nur schmunzeln aber jetzt regt mich das einfach nur noch tierisch auf. Klar ich weiß, dass es zum Männerverhalten gehört, da sie sonst ihre Ehre verlieren. Aber langsam reicht es echt. Ignorieren oder böse anschauen ist dann einfach nur das Beste. In den Boliches herrscht zwischen den Jungs richtiger Konkurrenzkampf. Es geht immer um das hübscheste und attraktivste Mädchen. Sollte da jemand dazwischenfunken, wird es zu eine ganz kritischen Angelegenheit. Umso mehr Frauen ein Argentinier hat, desto höher angesehen ist er. Sollte er jedoch vom anderen Ufer sein (also schwul), ist er sofort bei jeglichen Gesellschaftskreisen unten durch. So etwas geht hier überhaupt nicht… Wenn der Argentinier mal nicht mit Anmachen beschäftigt ist, ist er entweder im Fitnessstudio oder macht Siesta. Hier gibt es fast an jeder Ecke Gyms und die sind immer alle richtig voll. Man kann kaum noch atmen so heiß ist es da. Die Argentinier sind allgemein extrem sportlich. Kaum verschwindet langsam die Sonne, füllen sich die Straßen mit Joggern und anderen sportlichen Aktivitäten. Nur Fahrräder findet man in Córdoba nicht. Die haben die Cordobesen noch nicht so ganz entdeckt. Die ganze Energie für so viel Sport nehmen sie wahrscheinlich aus ihrer ewigen, täglichen Siesta. Die ist generell von 14:00 bis 16:00 Uhr, kann aber auch ruhig mal bis 17:00 oder 18:00 Uhr verlängert werden. Da sind die Argentinier nicht zu streng. Wenn man müde ist, dann muss man eben schlafen. In der Stadt wird natürlich trotzdem in der Zeit gearbeitet werden. Auf den Dörfern beziehungsweise schon in den äußeren Randviertel von Córdoba (also der City Córdoba) wird um diese Uhrzeit das Arbeiten unterbrochen. Das Viertel beziehungsweise das Dörflein ist dann erstmal tot. Ein weiteres Hobby ist Fußball. Hobby ist eigentlich schon untertrieben. Es ist eine Obsession. Das sieht man gleich daran, dass Fußballnews die Titelseite der wichtigsten Zeitung in Argentinien “Clarín” einnehmen. Die Überschwemmungskatastrophe in Peru ist da schon weniger interessant. Für die bleibt in der Zeitung überhaupt kein Platz übrig. Es geht ja schließlich nicht um Fußball. Natürlich wird Fußball auch in den Straßen gespielt, aber vor allem meine ich das Fußballschauen. Jeden Sonntag wird die ganze Familie um den Fernseher versammelt, um ihre Mannschaft anzufeuern. Also im Hinblick auf das Bällekicken können schon mal Freundschaften und Ehen zu Bruch gehen. Da im Januar meistens Fußballpause ist und das die ganzen Fans so lange nicht aushalten, gehen sie sogar zu College Spielen. Wie können die Fußballspieler es nur wagen eine Sommerpause zu machen? Wo ich schon gerade die Familie erwähnt habe, kann ich gleich mal betonen, dass ich hier die Familie das Ein und Alle ist. Der Sonntag ist deswegen auch nur für die Familie reserviert. Wenn man das Geld dafür hat, wird generell immer Asado gemacht, Tanten Onkel Cousinen, Oma und Opa, alle kommen zusammen und vertreiben sich gemeinsam den Tag. Meistens in einem der vielen Ferienhäuser in den Sierras. Was mich extrem erstaunt hat, ist, dass sogar den Freunden am Sonntag abgesagt wird, auch wenn die Geburtstag feiern sollten. Familientag ist eben Familientag. Aufgrund des Hochhaltens der Familie, ist das Essen der Oma auch immer das Beste. Die weiß einfach alles zu kochen und macht das mit so viel Liebe, dass es einfach kein besseres Gericht auf der Welt geben kann. Ich hab mir mittlerweile schon abgewöhnt zu fragen was das Lieblingsgericht sei. Denn die Antwort ist immer die gleiche: “la comida de mi abuela!”. Dann komme ich jetzt mal zu dem tollen Fahrstil der Argentinier. Das ist echt eine Zumutung wie die Autofahren. Rote Ampeln interessieren hier überhaupt keinen, geschweige denn von Fußgängern allgemein. Entweder man schaut ihr selbst für sich oder man ist eben Pfannkuchen. Ich will gar nicht zählen wie oft ich schon zu Seite springen musste, um nicht durch die Luft geschleudert zu werden. Dass die hier alle so fahren, ist aber echt kein Wunder. Nach gefühlten zwei Fahrstunden hat man schon den Lappen in der Hand und wenn man Glück hat muss man noch zu keiner einzigen Theoriestunde (existiert nämlich oft überhaupt nicht). Bei diesem Fahrstil ist es echt verwunderlich, dass das erste Auto für einen Argentinier wie sein erster Sohnemann ist. Er putzt sein Baby jeden Tag und wehe eine Taube kackt drauf. Die Geschwindigkeitsgrenze muss natürlich trotzdem ausgetestet werden und so kommt es so um 3:00 Uhr nachts auf der großen Straße Chacabuco (da wo ich wohne) immer zu Wettrennen. Außer grottenschlechtem Autofahren können die Argentinier auch noch genial tanzen (Tango tanzt meistens eher die etwas ältere Generation). In den Boliches bekommen so auch nur die besten Tänzer die hübschesten Mädchen. Das ist ganz einfach hier. Da könnten sich die Jungs in Deutschland mal eine Scheibe abschneiden. Bei uns kann man das ja nicht mal Tanzen nennen, sondern eher Rumgefurchtel mit den Armen. Damit das Tanzen hier noch lässiger geht, wird immer noch schön viel Fernet getrunken. Fernet ist noch grausamer als Jägermeister. Der wird immer mit gefühlt 1 l Cola getrunken. Die die kein Fernet mögen (so wie ich) trinken dann eben Bier beziehungsweise Wein. Hier gibt es leider fast immer nur Rotwein. Keine Ahnung was die an dem so toll finden. An dem stirbt man ja fast vor Bitterkeit. Das Beste sind hier aber die Telos. Da die argentinische Eltern ein bisschen strenger in Sachen Beziehung ihre Kinder sind, dürfen diese keinen männlichen beziehungsweise weiblichen Besuch mit nach Hause bringen. Und ich rede jetzt nicht von 15-Jährigen sondern von 20 bis 30 Jahre alten. Bei uns wäre das mega peinlich, mit diesem Alter noch bei den Eltern zu wohnen, aber hier ist das völlig normal. Eine eigene Wohnung kostet halt und das Geld hat einfach keiner. Außerdem ist es sowieso viel gemütlicher bei den Eltern: die Wäsche wird gewaschen, der Kühlschrank ist immer voll und geputzt wird auch noch. Deswegen brauchen die ganzen Jugendlichen einen Ort wo sie mit ihren Chicas oder Chicos hingehen können. Das sind dann die so genannten Telos. Das kommt von dem Wort Hotel (wie auch immer die Buchstaben zusammengewürfelt werden). Telos sind Häuser mit ganz vielen Zimmern die man sich stündlich buchen kann. Das kommt also den ganzen Argentiniern wie gerufen. Auf der Straße sind die auch nicht zu übersehen. Mit grell leuchtender Schrift steht “Love” oder andere Wörter an den Hauswänden. Die ganzen Telos sind außerhalb der Stadt beziehungsweise am Stadtrand. So kann man dort ohne seinem Dad über den Weg zu laufen dort hineinspazieren.
Sodala. Jetzt zu der weiblichen Version. Die typische und hübsche Argentinierin ist schlank, braun gebrannt und extrem sportlich (der tägliche Fitnessstudiumsgang ist Pflicht. Natürlich gibt’s auch mal ein paar Aussetzer, aber generell sind die Argentinierinnen sehr hübsch. Leider haben sie nicht so einen tollen Stil. Manchmal sieht es so wie zusammengewurschtelte Hauptbahnhofs Kleidung aus. Natürlich trifft dies nicht auf die Girlies mit Geld in der Tasche zu. Die sind top gestylt und tragen nur Mode aus Buenos Aires. Denn hier, wie ich schon mal erwähnt habe, ist es nicht so mit Shoppen. In der ganzen Stadt gibt es an jeder Straßenecke Diätläden und das liegt daran, dass die Argentinierin auf Dauerdiät ist. Diese Läden bieten aber nicht nur wirklich gesundes Zeug an, sondern auch Fertigkuchen. Den kaufen dann wahrscheinlich die ganzen hoffnungslosen Diätversucherinnen. Dort kann man aber prima Haferflocken kaufen. Die sind dort viel billiger als im Supermarkt und schmecken auch besser. Trotzdem sollte man schauen in welchen Laden man spaziert, denn wenn man Pech hat (so wie ich), können die Haferflocken auch mal vergiftet schmecken. Ich bin aber noch nicht daran gestorben. Erstaunlicherweise sind auch alle Mädchen tätowiert. Das ist hier echt total in. Viele haben auch ihren Hinterkopf unter den Haaren rasiert, damit frische Luft durchzieht. Das bemerkt man zwar nicht wenn die Haare offen sind, hoch gebunden sieht das aber echt gewöhnungsbedürftig aus. Auch tragen hier alle noch Zahnspangen mit 35, worüber ich mich immer wieder wunder. Um zum Charakter zu kommen: die Argentinierin ist sehr dominant (was den meisten Argentiniern nicht ganz so taugt) und lästert extrem gerne. Jetzt aber nicht bösartiges lästern, sondern halt einfach nur Gossip. Außerdem liebt sie es Kakteen zu kaufen. Deswegen findet man an jeder Straßenecke nicht nur Diätläden, sondern auch Kakteenständchen.
So jetzt noch das, was auf beide Geschlechter zutrifft beziehungsweise was ich noch nicht erwähnt habe:
Das aller aller aller aller aller Wichtigste ist der Mate Tee. Er wird von morgens bis abends durchgehend getrunken. An eine Pause ist gar nicht zu denken. Im Büro sieht man den auch die ganze Zeit rumstehen. Ich lehne aber immer noch dankend ab. Ich bekomme davon immer Magenschmerzen. Die Kräuter sind nämlich nicht ganz so bauchwohltuend. Das Zweitwichtigste sind die Empanadas. Die gehen hier immer und werden überall verzehrt. Allgemein fällt mir auf, dass die Argentinier extrem viel Fast Food essen (und da würde ich die Empanadas jetzt dazu zählen). Ein jeder Ecke sieht man Pizza, Pommes, eben Empanadas und anderen fettigen Kram. Das passt eigentlich mit dem Diatbild der Frau überhaupt nicht zusammen.
Die Sonne wird von den ganzen Argentiniern komplett gemieden. Die arme arme Sonne. Jetzt haben die die schonmal da und respektieren sie aber nicht. Okay gut es kann auch echt heiß in der Sonne sein, aber manchmal wird das echt übertrieben mit der Hitze. Da die Bürgersteige relativ schmal sind, wird es auf der Schattenseite immer sehr eng. Generell gilt die Regel, dass Männern in Anzügen immer Platz gemacht werden muss. Die sind ja schließlich für die Wirtschaft im Land zu stellen…
Eine Sache noch, die Mülltrennung. Trennung ist schon übertrieben, denn die gibt es hier nicht. Alles wird zusammengeschissen. Umweltschutz ist den ganzen Argentiniern sowieso egal. Man kann schon froh sein, wenn die wissen was Umwelt bedeutet. Ach ja noch was, die Argentinier sind das absolut offenste und liebenswürdigste Volk was ich bis jetzt kennengelernt habe. Sie sind so unheimlich offen gegenüber Ausländern, dass ich mich manchmal frage, ob sie nur so höflich tun oder, ob das wirklich alles ernst gemeint ist. Immer und überall wird man zum Asado eingeladen (sie sind unheimlich gesellschaftsbedürftig) und meinen Namen merkt sich auch sofort jeder. Da ist es mir ab und zu echt peinlich, wenn ich auf der Straße mit meinem Namen angesprochen werde und keinen blassen Schimmer habe wer da vor mir steht.
Ich glaube ich habe jetzt das Wichtigste zusammengeschrieben. Wahrscheinlich fallen mir heute Macht wieder tausend weitere Punkte ein und dann ärgere ich mich. Aber ich denke, dass reicht auch erstmal, um sich ein Bild von dem lieben Völkchen hier machen zu können. Allgemein ist das männliche Profil ein bisschen übergewichtiger, als das der weiblichen. Das liegt wohl daran, dass die Jungs einfach auffälliger sind und einem mehr Gelegenheiten zum Lachen geben.