Oh man, noch nicht mal außerhalb vom Auto hab ich Ruhe vor der lauten Musik. Die reizende Großfamilie von nebenan hatte die grandiose Idee gleich mal um 7:00 Uhr den Zeltplatz mit ihrem XXL Radio zu beschallen. Ich hab dann trotzdem noch versucht ein bisschen weiter zu schlafen, bis es aufgrund der extremen Hitze in dem Minizelt nicht mehr auszuhalten war. Vivi störte die Backofentemperaturen anscheinend gar nicht, denn sie schlief einfach weiter. Wenigstens war die Sicht richtig geil, als ich aus dem Zelt raus geklettert bin. Vor mir lag der Fluss, Brasilien und ein strahlend hellblauer Himmel. Da die Argentinier nicht so viel von Frühstück halten, hat jeder für sich zu seiner Uhrzeit gegessen, wenn überhaupt. Orlando zum Beispiel isst nur zu Abend. Dazwischen gibt es für ihn vielleicht höchstens mal einen Joghurt. Eigentlich müsste er deswegen extrem dünn sein, aber ist er ganz und gar nicht. Ich glaube er trinkt einfach zu viel Bier. Danach wollten wir eigentlich gleich losfahren zum Fluss Moconá, als wir merkten, dass Vivi noch alles andere als fertig war. Die benötigt einfach Stunden um sich anzuziehen, geht so unendlich langsam und braucht für jeden Handgriff Jahrhundert. Irgendwann schafften wir es aber doch noch los zu kommen. In dem Parque Provincial Moconá haben wir einfach schon wieder Sergios Lehrerin getroffen. Okay, das war nicht ganz so unwahrscheinlich, weil das die einzige Attraktion in der Nähe von El Soberbio ist. Natürlich mussten wir Eintritt bezahlen und Ausländer waren wie immer wieder viel teurer. Sergio meinte deswegen ich solle einfach nur mein Mund halten und mir die Souveniers anschauen, dann könnte er behaupten ich sei Argentinierin. Das hat dann sogar auch funktioniert. Um zu den Wasserfällen zu kommen, wurde man in Zehnergruppen in Motorbooten hingefahren. Um ins Motorboot zu kommen mussten wir aber erst minutenlang warten, aufgrund der “Menschenmasse”. Wir dchlugen die Zeit damit tot die vielen Schmetterlinge zu betrachten beziehungsweise zu fotografieren. Ein besonders schöner lies sich auf dem Hintern einer nicht sehr zierlichen Frau nieder. Den musste Sergio natürlich gleich mal fotografieren. Also ich meine jetzt den Schmetterling. Sergio ging aber so nah ran, dass der Mann der Frau dachte er fotografiere den Hintern seiner Liebsten ab. Er blickte Sergio ganz böse an und zog seine Frau demonstrativ zur Seite. Ich musste erstmal richtig lachen.
Damit dich immer noch als Argentinierin durchginge, musste ich mir einen anderen Namen und eine Studentennummer überlegen. Am Ende hieß ich Sophia Martinez und meine Studentennummer war meine Telefonnummer. So wäre ich zu mindestens nicht aufgeflogen, wenn ich sie noch einmal wiederholen hätte müsse. Die Bootsfahrt war leider total kurz. Ich dachte man könne dort irgendwie aussteigen und sich die Wasserfälle genauer anschauen. Aber nein, so war es nicht ganz. Wir sind mit dem Boot nur dran vorbeigefahren. Es war schon beeindruckend Wasserfälle schräg in einen Fluss laufen zu sehen und die Wasserspritzer haben bei dieser Hitze echt gut getan, aber wie gesagt, wir haben die Wasserfälle nur für ein paar Minuten gesehen und das war schon schade. Mit der Kamera musste ich auch extrem aufpassen, denn das Wasser machte alles nass. Da wir noch ein bisschen die Zeit nutzen wollten, haben wir noch eine kleine Wanderung durch den Regenwald gemacht. Die Wanderung war jetzt nicht die spannendste, zumal ich ja schon relativ oft Regenwald gesehen habe, aber es war besser als gar nichts. Sergio hat die ganze Zeit eine Riesenameise gesucht die ihn mal gestochen hat und die tödlich ist, wenn man den Stich nicht gleich behandelt. Aber er hat sie “leider Gottes” nicht gefunden. Da es erst Nachmittag war, beschlossen wir zum Campingplatz zurückzufahren, etwas kleines zu essen zu machen und danach gleich weiter Richtung Iguazú zu fahren, denn hier gab es jetzt nichts mehr zu sehen. Bis wir am Campingplatz ankamen, waren gefühlte Stunden vergangen, weil wir an 1000 Aussichtspunkten angehalten habe, um Bilder zu machen. Am Anfang fand ich das ja noch super, aber nach elf Aussichtspunkten hatte ich dann genug. Vor allem da man über all das Gleiche sah. Ab und zu stand vielleicht eine andere Palme vor einem. Nachdem alle Zelte eingepackt waren ging’s auch schon los. Ein paar Stunden später (es war mittlerweile schon dunkel) fragt uns Sergio, ob wir nicht heute schon bis nach Iguazú auf die brasilianische Seite fahren wollten. Eigentlich hatten wir vor unterwegs einen Stopp einzulegen und erst morgen früh ganz hoch zu fahren, aber umso früher wir in Iguazú waren, umso besser. Und der Grund für das Übernachten in Brasilien war, dass dort alles viel billiger ist als in Argentinien. Ich bin natürlich ganz begeistert davon gewesen in Brasilien zu campen, zumal sich dann das Ausreiseproblem nach 90 Tagen geklärt hätte. Eigentlich werde ich ja sowieso vor Ablauf meines Visums aus Argentinien ausreisen. Aber man weiß ja nie, denn es geht sich bei mir genau auf den Tag aus und ich wollte lieber kein Risiko eingehen. Jetzt muss ich nur noch 48 Stunden außerhalb von Argentinien bleiben. Das war aber kein Problem, da wir vorhatten bis Mittwoch auf der brasilianischen Seite zu bleiben. In Puerto de Iguazú (die Stadt an den Wasserfällen in Argentinien) hab ich gedacht ich falle gleich um. Ich erkannte Argentinien gar nicht mehr wieder. Überall ragten Luxushotels in die Höhe und keine einzigen abgefackten Häuser waren in Sicht. Man bemerkte sofort, dass der Ort absolut nur für Touristen ausgelegt war. Und zwar Touristen mit viel Kohle. Ich bekam sogar zwei Stempel in mein Reisepass (ich liebe Stempel) einen für die Ausreise aus Argentinien und einen für die Einreise in Brasilien. Es war mittlerweile schon 22:00 Uhr und wir mussten erstmal auf Geldsuche gehen. Das Problem ist nur, dass in Foz do Iguaçu (die Stadt auf der brasilianischen Seite) alle Banken über Nacht schließen, weil sich dort sonst alle Penner einquartieren würden. Während wir durch die Stadt von Geldautomat zu Geldautomat fuhren, betrachtete ich die Umgebung ein bisschen. Man kann echt erkennen, dass Brasilien reicher ist als Argentinien. Die Häuser sind ordentlicher und die Straßen sauberer. Aber es gibt dort unheimlich viele Bettler und Diebe. Alle Taschen mussten in den Kofferraum, als wir kurz das Auto verlassen haben, um bei einem arabischen Fast Food etwas zu Abend zu essen. Abgesehen von der anderen Sprache gab es noch ein Punkt, woran man erkennen konnte, dass man sich in Brasilien befindet. Auf der Hauptstraße gab es unheimlich viele Bars mit tanzenden Brasilianern beziehungsweise Brasilianerinnen und laute Musik. Außerdem waren die Brasilianerinnen extrem auf getaktet, im Gegensatz zu den ganzen Argentinierinnen die eher immer schlampig rumlaufen. Irgendwann ging’s dann endlich auf die Suche eines Campingplatzes. Wir fanden schließlich einen der aber relativ teuer war. Lag wohl an der Lage in der Nähe der touristisierten Wasserfälle. Auf argentinische Seite wäre es dann noch teurer geworden. Dieses Camping war aber leider nicht ganz so idyllisch wie das vom Vortag. Es war viel größer, enorm viele Zelte waren aufgebaut (schuld daran ist das lange Wochenende) und der Waschraum war für gefühlte 1000 Leute ausgelegt. Aber dafür war alles unheimlich sauber und das Frühstück mitinbegriffen. Vivi brachte mich mal wieder zum Lachen. So klein wie sie ist, wuselte sie die ganze Zeit herum auf der Suche nach einer Steckdose, wo sie ihr Handy anstecken konnte. Ihr Adapter ging nämlich leider nicht. Ich hatte das Glück, dass man mit dem deutschen Stecker sein Handy aufladen kann der dem brasilianischem sehr ähnlich ist. Aber Vivi rannte wie verrückt von Steckdose zu Steckdose, fiel hin und hatte am natürlich immer noch keinen Erfolg. Ich konnte ihr leider nicht helfen und musste einfach nur lachen (und das soll jetzt bitte nicht fies klingen).