Um 6:00 Uhr morgens war es dann aber vorbei mit Schlafen. Der tolle argentinische Rock war immer noch am Laufen und Sergio hatte sich nicht vom Lenkrad wegbewegt. Da jetzt langsam die Sonne aufging, konnte ich die Landschaft näher betrachten. Sie sah aber immer noch so aus wie immer. Alles ist so unglaublich plan, so dass ich kilometerweit blicken konnte. Ich weiß ja, dass Argentinien generell ein flaches Land ist, aber ich dachte schon das es im Norden ein bisschen hügeliger wird. Okay, wir waren ja auch noch nicht ganz im Norden, sondern erst in der Provinz Entre Ríos beziehungsweise Corrientes. Die Bäume hätten auch prima so in Deutschland stehen können. Irgendwann ist dann auch mal Orlando ans Steuer, der Autofahren eigentlich hast, fragt mich nicht warum und danach ich. Ich muss ehrlich zugeben ich hatte mir das Autofahren schwerer vorgestellt. Das Auto war zwar kein Automatik, aber es war trotzdem relativ leicht zu fahren und die Straßen sind Argentinien sowieso top. Natürlich sind sie jetzt nicht mit Deutschland zu vergleichen, aber man hat es hier jetzt nicht Buckelpisten zu tun. Mittlerweile war es fast 12:00 Uhr und es wurde unerträglich heiß im Auto. Ich hatte leider nur eine Leggins an und bin darin fast erhitzt. Je weiter man in den Norden fährt, umso wärmer wird es und das konnte man definitiv spüren. Auf dem Weg, vor allem in Corrientes, begegneten wir immer wieder kleinen Schreinen mit roten Fahnen am Rand von Landstraßen. Diese sind, dem nicht von der katholische Kirche anerkannten, Gauchito Gil gewidmet der zu seiner Zeit eine Art Robbin Hood war. Ich dachte zuerst da wurde ein Tier geschlachtet und das blutende Fell haben die Einwohner zum Trocknen in der Sonne aufgehängt. Aber dem war, wie gesagt, nicht ganz so. Unser Ziel für die nächsten zwei Tage war jedoch noch nicht die Iguazúwasserfälle, sondern erst der Fluss Moconá beziehungsweise besser gesagt die kleinen Wasserfälle von Moconá. Die befinden sich im Herzen des Parques Provincial Moconá. Die Wasserfälle haben eine Höhe von 4 m aber sind ein einmaliges Spektakel, da sie parallel zum Fluss Uruguay verlaufen. Die Wasserfälle sind angeblich die längsten Wasserfälle der Welt (1800 m). Wenn es sehr viel regnet sind die Wasserfälle nicht zu sehen, denn dann sind sie einst mit dem Fluss. Also das heißt, der Fluss und das Wasser der Wasserfälle sind eigentlich das Gleiche. Ich weiß es nicht, ob man sich das vorstellen kann, aber ich hoffe ich hab es nicht zu umständlich erklärt. Diese weltbekannten Wasserfälle werden wir aber erst am Sonntag nähe unter die Lupe nehmen. Denn dafür ist es heute schon zu spät. Der beste Ausgangspunkt zu den Wasserfällen bietet das Dorf “El Soberbio” (= das Überhebliche). Dort wollten wir uns dann auch ein Campingplatz suchen. Denn um die Kosten der Reise zu senken, waren wir mit dem Zelt unterwegs. So mussten wir nur den Campingplatz bezahlen und keine etwas teureren Hostelzimmer. Auf dem Weg zu El Soberbio haben wir aber noch am “Salto Berrondo” ein kleinen Stopp eingelegt. Das ist ein kleiner Wasserfall der in der Landkarte ausgeschrieben war. Dort war es aber richtig hässlich. Unglaublich viele Menschen saßen gefühlt aufeinander, wie im Schwimmbad, und der Wasserfall war eher weniger beeindruckend. Vor allem, wenn man die Iguazúwasserfällen vor sich hat. Deswegen sind wir eigentlich auch gleich wieder weitergefahren. Um zu diesem Wasserfall zu kommen mussten wir aber 50 Pesos pro Person zahlen, also definitiv rausgeschmissenes Geld. Mittlerweile waren wir in der Provinz Misiones. Ich muss ehrlich zugeben das ist definitiv die schönste Provinz. Der Boden ist rötlich, die Bäume sind tropisch, es gibt Regenwald und die Landschaft ist nicht mehr flach. Interessant ist, dass die Leute hier viel in indigener sind. Ihre Hautfarbe ist dunkler und ihre Gesichter sind markanter. Sie schirmen sich aber nicht so von der Zivilisation ab wie einige indigene Völker in Ecuador oder Bolivien. Ihr Häuser sind zwar nur einfache Lehmhütten, aber alle besitzen Handys und Motorrädern. Am Nachmittag kamen wir dann endlich in El Soberbio an und haben uns einen Campingplatz gesucht. Gleich den ersten haben wir genommen, denn der war unfassbar schön. Das war echt ein Camping wie im Traum. Der Campingplatz war auf einer Art Hügel der sich in den Fluss Uruguay abgesenkte. Auf der anderen Seite vom Fluss war Brasilien und das freut mich extrem, denn ich war noch nie so nah an Brasilien dran. Brasilien war für mich immer wie eine andere Welt, ganz weit weg. Also bauten wir unsere beiden Zelte mit Blick auf den Fluss auf, eins für die Jungs und eins für Vivi und mich. Nach und nach kamen noch ein paar andere Leute. Das Beste war eine Großfamilie mit Freunden die ein Zelt aufbaute das wir ein Haus aussah. Unsere Zelte sahen dagegen ja aus wie ein Mauseloch. Die Family packte auch gleich mal ihre 6 m dicken Luftmatratzen aus. Wenn man sich schon zum Zelten in die Natur traut na dann darf wenigstens nicht das Prinzessinen Bett fehlen. Bodenkontakt wäre ja echt zu viel verlangt. Ich hatte noch nichtmal irgendwas isomattenähnliches, nur meinen Schalfsack. Für mich hätten die echt mal Platz auf ihrem Bettenlager machen können.
Leider durfte man in dem Fluss nicht schwimmen wegen piranhaartigen Fischen. Aber wenigstens mit den Füßen sind wir rein, es war einfach zu heiß. Da wir ja auch irgendwann mal etwas zu essen brauchten ging’s los zum Einkaufen. Das war eine schwere Geburt. Wir wollten nur Reis mit Gemüse machen, also etwas ganz einfaches. Paprika, Zwiebeln und Reis hatten wir schon als Basics dabei, aber für etwas Essbares brauchten wir noch ein bisschen anderes Gemüse. Dafür sind wir zuerst zum Supermarkt. Dort hatten wir schon alles eingepackt, also Orlando beschloss das Gemüse in einem anderen Landen zu besorgen. Also kauften wir nur Milch für den nächsten Morgen. Bis wir dann da mal draußen war, hatten manche Läden schon zu. Am Ende waren wir in drei Gemüseläden bis wir ein paar Äpfel und Bananen, Tomaten und ein Sack Karotten hatten. Sergio wollte aber eigentlich keine sechs Karotten, wie im Sack enthalten, sondern nur eine, aber da es sie nur in einem Sack gab, konnte wir Sergio am Ende doch noch überzeugen ihn zu kaufen. Karotten wurden ja so schnell nicht schlecht. Wow wir hatten es geschafft diesen schweren Einkauf zu tätigen. Das Positive war, dass ich so etwas von El Soberbio gesehen habe. Es ist echt ein süßes Dörflein. Die Menschen sind alle total nett und die Läden haben alles. Die Häuser sind zwar alles nur Lehmhütten, aber sie wirken nicht heruntergekommen. Irgendwann war dann unser Essen fertig und ich musste extrem lachen, denn Vivi, gefühlte zwei Köpfe kleiner als ich, isst für mindestens 100 Männer. Ich hab noch nie jemanden so viel Reis auf einen Teller packen sehen. Da ihr das noch nicht genug war, machte sie sich noch Spiegeleier. Zum Glück war es noch nicht allzu spät, weswegen wir uns eine Bar im Dörflein gesucht haben. Am Nachbartisch saß einfach die ehemalige Lehrerin von Sergio aus Buenos Aires. Was ist das denn bitte für ein Zufall! Irgendwann ging’s dann ab ins Zelt. Ich hatte unendlich viele Klamotten eingepackt. Vor allem, weil ich beim letzten Camping fast erfroren bin. Hier ist es jedoch so heiß, dass ich überhaupt nichts hätte einpacken müssen.