Praktikumstag Nummer zwei. Heute ging’s schon auf die Straße. Deswegen musste ich auch nicht wie normalerweise üblich um 9:00 oder 10:00 Uhr im Büro sein, sondern erst um 14:45. Von dort sind wir zusammen zum Shopping Center “Patio Olmos” gelaufen. Das ist nur so drei Blocks entfernt. In Córdoba ist ja alles so schön nah. Am Ziel haben wir fünf weitere Jugendliche getroffen, die auch bei PROA arbeiten und uns nun auch bei dem anwerben von Mitglieder unterstützen. Die waren nur nicht gestern bei der Besprechung dabei, weil die schon über Monate “Captadores” sind und so keine Einführung mehr brauchen. Alle außer mir, da ich Praktikantin bin, bekommen für die Arbeit Stundenlohn beziehungsweise einen Anteil von den angeworbenen Spenden. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging’s auch schon gleich an die Arbeit. Erstmal haben wir so unendlich hübsche, schürzenartige, gelbe T-Shirts zum Anziehen bekommen. Die muss man an der Seite sogar noch zu knüpfen. Ich hätte zu gern ein Foto für euch gemacht, aber ich hab so einen Vertrag unterschrieben, der unter anderem sagt, dass das Abfotografieren von der Arbeitskleidung verboten ist. Dann gab’s noch ein bisschen Anschauungsmaterial und einen Stift. Wir haben uns immer in zweier Pärchen auf dem Platz gegenüber vom Patio Olmos verteilt. Für die nächsten 4 Stunden stand ich nun auf der Straße und habe jede Person die so aussah als ob sie eine Kreditkarte dabei hatte, angesprochen, und versucht sie davon zu überzeugen ein monatlicher Spender von Soles zu werden. Ich erwähne deshalb die Kreditkarte, weil wir nur so neue Mitglieder aufnehmen können. Soles möchte keine einmalige kleine Beiträge, sondern langfristige Donatoren. Auf der Straße wildfremden Personen einfach seine Kreditkartendaten zu geben, ist auch nicht selbstverständlich. Auch müssen pro Monat mindestens 200 Pesos gespendet werden, ungefähr 12€. Zudem darf die Person nur aus Argentinien sein, sonst funktioniert das mit der Kreditkarte nicht. Wegen diesen zahlreichen Bedingungen werden die infrage kommenden Mitglieder extrem eingeschränkt. Außerdem muss man beachten, dass sehr viele Argentinier sehr arm sind, Saisonarbeit haben oder auf dem Schwarzmarkt arbeiten und so keine Kreditkarte besitzen. Diese 4 Stunden waren so unfassbar mühsam. Immer wieder Leute exakt das Gleiche fragen, ihnen die gleiche Geschichte erzählen und fast nur Abfuhren zu bekommen ist auf die Dauer echt anstrengend. Ich hätte nicht gedacht, dass sich in Argentinien so wenige solidarisch verhalten und hilfsbereit sind. Nach 2 Stunden durften wir zum Glück eine 15-minütige Pause machen. Das heißt nach argentinischer Zeit waren das 30 Minuten. Alle zogen ihre T-Shirts aus bis auf ich, weil ich dachte ich muss es ja eh gleich wieder anziehen. Außerdem saßen wir sowieso nur auf dem Boden. Ich wurde aber gleich ermahnt und dazu aufgefordert unbedingt das T-Shirt auszuziehen. Wenn ich mein Gehirn ein bisschen angestrengt hätte, wäre ich wahrscheinlich selber drauf gekommen. Sobald ich das T-Shirt trage, repräsentiere ich ja die Organisation und auf dem Boden sitzen und nichts tun ist nicht gerade eine gute Promoaktion. Die letzte Stunde war die anstrengendste. Alle Passanten wollten nur noch nach Hause und weit und breit war nicht das richtige Publikum in Sicht. Meiner Meinung nach war der Platz vor dem Patio Olmos nicht der richtige Ort für eine Spendenaktion. Die Leute die vorbeikommen und Geld haben, müssen meistens schnell zur Arbeit oder wollen wie gesagt nach Hause, haben also keine Zeit mir zu zu hören und die die in Massen vorbeiströmen, habe noch nie etwas von einer Kreditkarte gehört. Ich hatte am Ende einen halben Spender. Bei dem auszufüllenden Formular fehlte von einem Jungen nur noch die Kreditkartennummer. Dafür sollte ich ihn morgen Abend anrufen. Mal gespannt ob er es sich bis dahin nicht anders überlegt. Ein anderes Mädchen, Victoria, hat es geschafft ganze drei Donatoren zu akquirieren. Das war dann aber schon alles für den Tag. Der Rest ging leer aus. Das Beste ist aber wie reagiert wird, wenn ein neuer Spender gefunden wurde. Da wir für Soles eine WhatsApp Gruppe haben, wird der Erfolg sofort bekannt gegeben und alle von neuem motiviert. Generell finde ich so etwas ja gut, aber genau auf diese Art und Weise wie das alles gefeiert, stelle ich es mir in einer Sekte vor. Um 19:00 Uhr waren wir endlich fertig mit der Arbeit. Ich hätte nicht gedacht dass das so anstrengend ist. Im Nachhinein ist man aber immer schlauer. Am Abend hab ich mich noch mit Janne und den beiden Zumba-Mädchen Belu und Martina im Park zum Spazieren getroffen. So konnte ich noch ein bisschen entspannen, bevor ich morgen wieder auf Donatorensuche gehe.