Die nächsten drei Tage mache ich mit Janne und einem anderen Mädchen ein Volunteering in Alta Gracia (ca. 45 min von Córdoba entfernt). Dort findet dieses Wochenende ein Food Truck Festival auf einer Wiese in einem Park statt. Wir müssen dort jeden Tag von 18.00-0.00 arbeiten. Das Festival ist für Alta Gracias jedes Jahr eine riesige Sache. So ungefähr 20 Esswägen bilden einen großen Halbkreis um zwei große Essenszelte und einer Bühne für die Live Band in der Mitte. Das Volunteering ist bei der “Fundación Natura”, eine Organisation die sich für Umweltschutz einsetzt. Mit der Teilnahme am Festival will sie den Leuten zeigen, dass man Müll noch recyceln kann (z.B in Kunst) und wie viel Umwelt jeder täglich verschmutzt. Das ist auch mitunter der einzige Stand, der nichts mit Food zu tun hat. Wir haben uns schon total auf das Volunteering gefreut, vor allem da wir richtig überrascht waren, dass es in Argentinien so einen aktiven Umweltschutz gibt. Denn hier existiert noch nicht einmal Mülltrennung. Alles wird zusammengepackt. Das Ganze war heute dann aber doch nicht so wie erwartet. Da die kleine Stadt ein beliebter Urlaubsort ist, haben wir nur ein Zimmer für Samstag Nacht bekommen aber eben nicht für heute. Deswegen mussten wir in der Nacht wieder mit den Colectivo zurückfahren. Zum Glück werden uns die Bustickets von der “Fundación Natura” zurückerstattet.
Bis zu unserer Ankunft in Alta Gracia am Freitag Abend und dem Kennenlernen des Chefs bzw. Gründer der Organisation Mauricio hatten wir keine Ahnung von den Aufgaben bzw. dem Volunteering. Ich war total überrascht, als ich unseren Infostand auf dem Festival gesehen habe. Der war extrem professionell und liebevoll hergerichtet. Hätte auch so prima auf die Expo gekonnt. Der Stand ist auf hübschen Holzpaletten aufgebaut mit kunstvoll gerichteten Kakteen, großen Bildern mit berühmten Personen wie Messi aus Flaschendeckeln verziert und ein Tisch mit ein paar Stühlen stehen noch auf den Paletten.
Nur glaube ich, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie ein so unglaublich unnötiges Volunteering gesehen habe. So was kann es nur in Argentinien geben. Wir mussten erstmal unsere T-Shirts in Arbeitskleidung wechseln, damit wir immer schön die Organisation promoten. Jetzt kam aber das Beste. Vom Chef wurde uns vier mal hintereinander erkärt, was unsere Aufgaben für heute und die nächsten beiden Tage seien. Die Aufgaben sind bzw. waren einfach nur lächerlich. Heute mussten wir die Mülleimer mit großem gelben Geschenkpapier umwickeln, damit sie nicht so hässlich aussehen. Aber ehrlich gesagt, hatten die Mülleimer richtig Stil und das Geschenkpapier ruinierte alles. Damit auch jeder erkennen konnte, dass das Mülleimer sind, haben wir noch ein Schild mit der Aufschrift “RESIDUOS” (Abfall) draufgeklebt. Beim Draufkleben ist immer so ein Stück Folie übrig geblieben das ich schon in den Müll schmeißen wollte. Aber wie konnte ich es nur wagen. Das war ja noch ein prima Notizzettel. Also hab ich die Folie wieder aus den Müll gezogen und zur Wiederverwendung in die Ecke gelegt. Nun leider hat Mauricius nicht so ganz verstanden, dass das so unglaublich hübsche Geschenkpapier ja auch Umweltverschmutzung ist, zumal die Mülleimer ohne sowieso besser aussehen würden. Zu fünft machten wir uns dann an die Aufgabe fünf Mülleimer zu dekorieren. Natürlich alle zusammen. Weil Arbeitsteilung ist in Argentinien nicht so. Lieber alles schön langsam machen und viele Leute anheuern. Janne und ich mussten uns so über unseren Job lustig machen, dass wir erstmal gefühlte tausend Bilder gemacht haben. Der war einfach so unfassbar anspruchsvoll. Dafür ist echt Abitur notwendig. Das Verschönern der Mülltonnen war aber schon nach 10 Minuten erledigt. Wir dachten jetzt käme unsere richtige Aufgabe, aber nein das war fast alles. Mauricio meinte der Freitag solle unser Eingewöhnungstag sein. Die anderen Tage seien anstrengender. Was ich aber überhaupt nicht verstanden habe ist, dass er uns überhaupt bei seinem Stand braucht. Wir sind nämlich nicht die Einzigen dort. Er hat noch seinen 19-jährigen Sohn als Helfer, eine ältere sehr nette Dame und einen Kotzbrocken hochhundert. Der Kotzbrocken ist weiblich und meinte die ganze Zeit er wäre besser als wir.
Das Beste kam aber noch. Uns wurden so Stöcke mit einer einer Spitze aus Metall gegeben mit der wir den Müll der Festivalbesucher aufräumen sollten. Ich dachte das habe ich seit meiner Grundschulzeit hinter mir. Vor allem, da es für diese Arbeit extra einen Säuberungsdienst von der Stadt gibt. Wir sollten aber mit seinem T-Shirt die Organisation repräsentieren. So ein Quatsch. Kaum waren wir wieder von unserem Müllrundgang zurück, kam der Kotzbrocken und schickte uns wieder los. Sie hatte angeblich noch etwas in der Ecke neben dem Pommesstand entdeckt.
Ach ja, wir durften noch etwas machen. Auf meinen frisch recycelten Notizzeltel sollten wir notieren welche Food Trucks Gemüse- bzw. Obstschalen übrig hatten oder ob sie Fritöseöl am Sonntag wegschmeißen würden. Mauritio wollte das nämlich alles recyceln, z.B das Öl in Biodiesel. Die Ideen finde ich von ihm alle super. Nur das Problem ist, dass er so unglaublich viel Geld und Arbeit in den Stand investiert, (die Solaranlagen um die Handys aufzuladen und die Bilder aus den Deckeln sind echte Anziehungsfaktoren, die er ausnutzen sollte), aber es kommt nicht rüber was er und seine Organisation machen. Er hat keinerlei Flyer, keine Plakate (aufgrund von Unweltsverschmutzung, was ich ja noch verstehen kann) und niemand der die Leute über die “Fundación Natural” informiert. Ich dachte zuerst, genau das sei unsere Aufgabe. Aber nein, wir sollen lieber Müll aufsammeln, was sowieso das Staff des Festivals macht. Mauricio hat an das Äußere gedacht, aber nicht an den Inhalt. Das ist alles verschwendetes Geld, wenn bei den Besuchern nichts davon ankommt. Keine einzige Person weiß, weswegen wir das Öl in Biodiesel umwandeln wollen. Niemand hat ihnen erklärt, dass 1l 600l Wasser verschmutzen. Wenn jedoch nicht einmal die Mundpropaganda funktioniert, dann weiß ich leider nicht wieso er diesen Stand macht. Mauritio ist ständig nur oberwichtig herumstolziert anstatt seine Organisation zu promoten. Die erhält als NGO bestimmt richtig viel Geld von der Gemeinde. Sonst könnte ich mir nicht erklären wie sie sonst den Stand bezahlen könnten.
Dann gab es noch das Problem mit dem Essen. Da wir helfen, bekommen wir wenigstens, im Gegenzug, das Essen bezahlt. Wir wollten aber nicht erst bis um 00.00 warten, weil wir extrem hungrig waren. Und das ganze Essen um uns herum machte es auch nicht besser. Als Mauritio endlich eingewilligt hat (das beste Argument war, dass alle so spät essen und wir dann so lange anstehen müssten und weniger arbeiten könnten), dass wir schon um 22.00 essen dürfen, mussten erstmal die Vouchers aufgetrieben werden. Wir wurden von ihm zu mindestens sechs verschiedenen Personen geschickt, bis wir endlich die Gutscheine hatten. Dann war das Probelm aber leider noch nicht gelöst. Alle mussten das gleiche Essen, weil es nur einen Gutschein für alle für einen Stand der Wahl gab. Jetzt kam wieder der Kotzbrocken (es tut mir leid, aber das ist der beste Ausdruck für diese Frau) ins Spiel. Sie war über nichts zufrieden was wir vorschlugen. Am Ende konnten wir uns endlich auf Falafel einigen. Nach stundenlangem Anstehen (die Diskussion hat doch etwas zu lange gedauert) kam das Trinken an die Reihe. Auch hier mussten wir uns auf einen Stand einigen. Alle bis auf den Kotzbrocken wollten einen frisch gepressten Saft. Aber nein sie wollte nur Cola. Musste diese Frau eigentlich immer einen Konflikt provozieren? Das haben wir dann auch angesprochen. Am Ende gab es Orangensaft für alle. Bis wir dann endlich essen konnten war es eh schon 23.30. Nach der Falafel wollten wir eigentlich nach Hause fahren, weil das ist ja ein Stückchen und wir müssen morgen wieder früh raus. Aber nein, Mauritio kam mit strahlendem Gesicht auf uns zu mit den Müllaufsammelstäben in der Hand. Wir stöhnten einfach nur. Wenn unsere Arbeit wenigstens Sinn ergeben würde, dann wäre das ja kein Problem. Aber so ist die Aufgabe einfach nur lächerlich. Naja egal, Job ist Job. Ist zu, Glück nur für ein Wochenende.