La Boca – das unkonventionellste und anzüglichste Viertel von BA. Wenn man das Barrio nur erwähnt, wird man erst mal komisch angeschaut. Fügt man noch hinzu, dass man dort hingehen möchte und das alleine, ohne Begleitung, verursacht entsetzte Gesichter. Aber nicht nur die Einheimischen schütteln über das Viertel den Kopf, sondern auch die ganzen Reiseführer, naja bis auf Lonley Planet. Der äußert kein negatives Wort über La Boca. In den Anderen werden mehrmals die Wörter “gefährlich”, “unsicher”, “auf keinen Fall alleine oder als Mädchen” und “schon gar nicht bei Nacht” erwähnt. Auf der anderen Seite soll es das bunteste, lässigste und lokalste Viertel sein. Bei so einer Kontroverse muss ich mir natürlich selber ein Bild von dem berüchtigten La Boca machen. Da ich so schnell keine Begleitung auftreiben konnte und mir eine Tour zu teuer war, musste ich mich wohl oder übel alleine auf den Weg machen. Das heißt eine der Warnungen, musste ich leider Gottes überhören. Und das ich ein Mädchen bin kan ich nun einmal nicht ändern. Aber die Sache mit der Nacht, ja an die kann ich mich halten.

Alleine schon der Weg vom Hotel bis ins Herz von La Boca kostete mich 1 1/2 Stunden, da ich ja alles zu Fuß gehen muss. Das Positive daran ist, dass man genau beobachten kann wie sich die Umgebung und das Publikum verändert. La Boca schließt direkt an San Telmo an, weswegen man gegen Ende des letzteren Viertels schon vereinzelt  eher heruntergekommenen Gebäuden begegnet. Nach und nach lässt man das charmante San Telmo hinter sich und trift auf eine große Straße. Links und rechts davon billige Mehrfamilienhäuser. Am interessantesten fand ich, wie plötzlich die Preise bei Obst- und Gemüseläden sanken. Ein Kilo Bananen kostete jetzt nicht mehr AR$ 25, sondern nur noch AR$ 10 bzw. 15. Da ich ständig die Wahrnungen der Reiseführer im Kopf hatte, hab ich mich fast nach jedem Schritt immer wieder nach hinten umgedreht, um zu schauen ob ich noch alleine meinen Ausflug unternahm oder schon Gesellschaft hatte. Meine Kamera habe ich sogar extra im Hotel liegen gelassen, für den Fall der Fälle. Aber das Handy kam natürlich mit. Ein paar Fotos muss ich ja schließlich machen. Ehrlich gesagt, wäre ich aber weniger gereizt gewesen, wenn ich nicht ständig vor diesem Viertel gewarnt worden wäre. Im Endeffekt ist es nämlich nicht viel schlimmer als in München durch die Ludelstraße zu laufen. Ich steuerte mein erstes Ziel, das Boca Junior Stadium, an. Ach ja apropos Ziel. Am wenigsten fällt man hier auf, wenn man ganz zielstrebig und ohne jegliche Zweifel seines Weges geht. Sollte man dann mal falsch abbiegen ist das egal, man muss einfach so tun als ob man genau wüsste wo man entlang geht (also Stadtplan Auspacken und groß Nachdenken wäre dann eher unangebracht). Noch eine enorm wichtige  Sache ist mir aufgefallen (die betrifft jetzt Mädchen bzw. Frauen). Der größte Fehler ist Jungs bzw. Männern in die Augen zu schauen, geschweige denn davon sie anzulächeln. Das ist geradezu eine Einladung, um angesprochen zu werden und dann den restlichen Tag mit denen zu verbringen. Ist mir schon zu genüge passiert.

Die Gegend um das Stadion herum, wurde dann jedoch wieder viel schöner. Die Häuser sind super viel mit Stuck verziert, auch wenn die Fassaden sehr heruntergekommen aussehen und der Putz etwas zu wünschen übrig lässt. Vor dem Stadion waren unglaubliche Menschenmassen. Spätestens hier fühlte ich mich wieder pudelwohl. Alle trugen ganz begeistert die Tshirts von dem Fußballclub hier (ich nehme mal an der heißt Boca Junior, wie das Statium oder zumindest so ähnlich). Ich bin dann aber relativ zügig weiter in Richtung “El Caminito”, das ist die berühmteste Straße von La Boca. Angekommen traf mich fast der Schlag. Ich war mir bewusst, dass die Straße als Tourifalle galt, aber das hier hatte ich nicht erwartet. Also wen man unendlich viele Touristen auf einem Haufen sehen will, dann ist genau das der richtige Anlaufpunkt. Der Grund für die vielen Besucher sind die bunten Häuser. Mein erster Gedanke war: “Wenn hier mal nicht Pipi Lamgstrumpf und ihre Nachkommen wohnen!”. Naja die Villen haben gefehlt, aber die Häuserfarben stimmten auf jeden Fall. Um die Straße herum und im Caminito selber gibt es unendlich viele Souvenirshops, unter anderem, mit Tshirts des Fußballclubs; Bars, in denen Tango getanzt wird und Straßenkünstler. Ehrlich gesagt, empfand ich die Straße wegen der vielen Touristenshops und Besucher an sich ziemlich nervtötend. Die Nebenstraße “Garibaldi” dagegen repräsentiert La Boca viel besser. Auch hier sind alle Häuser bunt, überall spielen Kinder mit Bällen und alte verwachsene Bahngleise durchqueren die Straße. Das beste ist dabei, dass man hier kaum Touristen antrifft.

Um ein bisschen frische Luft zu schnappen, die anderen Touris haben einfach alles weggeathmet, bin ich zum alten Industriehafen gelaufen. Der Ausblick war zwar nicht so gigantisch, aber eben typisch La Boca. Um Punkt 18.00 haben mal wieder alle Stände bzw. Läden ihre Sachen eingepackt und sich vom Acker gemacht. Das war für mich dann auch das Zeichen wieder zum Hotel zurückzukehren. Ich hatte ja schließlich noch einen langen Heimweg vor mir…

Fazit:

Ich kann diese Viertel wärmstens empfehlen! Sobald man sich etwas von den großen Straßen entfernt, stößt man auf wunderschöne Häuser und Ecken. Wenn ich so darüber nachdenke, ist es eigentlich zu meinem Lieblingsviertel geworden. Grund dafür sind die vielen Farben und die Lebensfreude der Leute dort. Mein Hotel würde ich da jetzt zwar nicht aussuchen, weil ich nicht weiß wie es in La Boca in der Nacht zugeht (ein bisschen Wahrheit wird ja wohl an den zahlreichen Wahrnungen dran sein), aber wer deswegen das Viertel komplett meidet, verpasst definitiv ein Stück des Herzens von BA.